NL Rück, I, C-0570h

"Lieber Herr Marx!

Inliegend eine Aufstellung Ihrer Einnahmen im Jahre 39. für Arbeiten und dazu eine Aufstellung der durch uns an Sie zurückbezahlten Auslagen. Die Auslagen gehen von den Bruttoeinnahmen als abzugsfähige Ausgaben für die Einkommensteuer ab. Für die Umsatzsteuer kann es sein, dass Sie die Auslagen mit versteuern müssen. Ich würde aber an Ihrer Stelle mit dem Beamten der Ihre Umsatzsteuer bearbeitet sprechen, ob Sie nicht eine Freistellung der Auslagen erreichen können. Wenn er dies nicht genehmigt, dann bezahle ich Ihnen die Umsatzsteuer von den Auslagen und stelle Ihnen für die Zukunft in baar jeweils a conto Geld zur Verfügung, das mir gehört und aus dem Sie als mein Stellvertreter dann die Auslagen aus meinem Portemonaie bezahlen. Dann fällt für die Zukunft die Umsatzsteuer der Auslagen, die ich persönlich für absolut ungerecht halte, ein für alle Mal weg.

Ich sende Ihnen Anfang kommender Woche als Päckchen ein Durchschreibebuch für Rechnungen und ein kleineres, in welchem Sie jeweils die Auslagen und Durchschrift notieren können. Dann haben Sie immer die Kopien der Rechnungen und der notierten Auslagen.

Da alle Formulare in den zwei Büchern doppelt sind und eines heraustrennbar, können Sie immer eines mir senden und die Kopie davon für sich behalten. Sie legen Blaupapier zwischen Original und Kopie /: das rückwärts in den Büchern liegt :/ und schreiben mit einem harten Tintenstift auf das Original.

Dieses Verfahren hat für Sie den Vorteil, dass Sie stets eine genaue Übersicht haben, denn Sie können sich dann auf den Rechnungen immer gleich unsere Zahlungen notieren.

Für uns hat's den Vorteil, dass wir die Rechnungen im Briefordner jeweils sofort herausfinden, weil es richtige Rechnungsformulare sind und keine [unleserl.] Briefbögen.

In unserer Aufstellung finden Sie den Steuerzuschuss als Zahlung von uns mit aufgeführt, da er unseres Erachtens entweder der Einkommensteuer unterliegt oder der sogenannten Schenkungssteuer.

Folgende Frage würden wir an Ihrer Stelle mit dem Beamten besprechen, der Ihre Einkommensteuer bearbeitet: Unseres Erachtens müsste er Ihnen für sogenannte Abzugsfähige Betriebsausgaben einen Abzug von den Einnahmen, die Sie von uns erhalten, genehmigen. Solche abzugsfähige Ausgaben wären: Ausgabe für einen Arbeitsmantel, Mehrverbrauch für Heizmaterial zum Vorwärmen von Holzteilen, Mehrverbrauch an Licht für Ihre Arbeitslampe, Abnützung Ihrer Werkzeuge, die bekanntlich bei Holzbearbeitung sehr gross ist, Ausgaben für Kleinmaterial (für Nägel, Leim, einen kleinen Kostenanteil für Ihren Arbeitsraum, Fahrten in die Stadt zum holen von Material und ins Museum für vergleichende Studien.

Vielleicht können Sie mit dem Beamten hierfür einen Pauschalsatz vereinbaren, für das abgelaufene Jahr. Ich würde Ihnen raten, einmal hierfür mindestens hundert Mark, noch richtiger 10% der Einnahmen als abzugsfähige Betriebsausgaben zu beanspruchen.

Eine Rücksprache diesbezüglich kostet nicht und vielleicht bekommen Sie etwas genehmigt. Unseres Erachtens könnten Sie ferner Ihre Krankenkassenbeiträge von diesen Einnahmen im Abzug bringen, denn Sie können sich auf den Standpunkt stellen, dass Sie Ihre Krankenkasse deswegen bezahlten, weil Sie einen Nebenverdienst haben, falls Ihnen bei Ihren Arbeiten irgend etwas zustösst, wie z. B. Verletzungen.

Wir glauben, dass Sie alles in allem /: wir kennen I[hre] Krankenkassenbeiträge nicht :/ mindestens 10% der Einnahmen von uns als Betriebsausgaben kürzen können, wenn Ihnen die Krankenkassenbeiträge als abziehbar genehmigt werden, mit diesen sogar noch mehr. Auch Beiträge zu Lebensversicherungen sind unseres Wissens am Gesamteinkommen abziehbar.

Wir sehen nicht ein, wofür Sie dem Finanzamt gesetzlich berechtigte Abzüge nicht auch abziehen sollen.

Unter allen Umständen ist abziehbar ein - [unleserl.]lich angemessener Mietsbetrag für Ihre Arbeitskammer, für Mehrverbrauch an Licht und Heizung und für Werkzeugverschleiss. Aber auch die anderen Posten nach unserer Meinung.

Am besten bespricht man solche Sachen direkt mit dem Beamten. Sie eagen ihm einfach, Sie hätten in den früheren Jahren nicht gewusst, dass Sie die Aufwendungen abziehen dürfen, die Sie infolge Ihres Nebenverdienstes, oder infolge Ihrer Nebenarbeit machen müssten.

Sie waren wegen Ihres Knies sehr oft beim Arzt: wenn Sie dafür aussergewöhnliche Auslagen hatten, können Sie um Steuerermässigung ein[unleserl.], da ein Paragraf existiert, wonach es den Finanzämtern gestattet ist, die Steuer herabzusetzen, wenn im Steuerjahr eine aussergewöhnliche Belastung des Steuerpflichtigen, also wesentliche Mehrausgaben ihm infolge Krankheut entstanden sind.

Wir danken Ihnen, dass Sie bei Herrn Haid nach dem Hammerklavier reklamierten, weil er dadurch wieder einen Druck auf den Maler ausüben konnte.

Und wir freuten uns, dass Sie ein Packet bekamen. Wir werden hier noch ca. 1 Woche sein.

Gesundheitlich geht's mir lansam besser, dazwischen kommen wieder, Gott Lob vereinzelt kleine Rückfälle. Der Spezialarzt rechnet, dass bis zu meiner Wiederherstellung noch ca. 4 Monate vergehen können. Jedenfalls bin ich vorerst nicht arbeitfähig, denn ich kann mit dem linken Arm noch nicht hantieren. Hoffentlich geht's mit Ihrem Knie allmählich gut. Bitte pflegen Sie sich und versäumen Sie in dieser Beziehung nichts, denn die Gesundheit ist ein hohes Gut.

Der Gugelhupf kam reichlich spät an, hoffentlich war er noch halbwegs frisch. Diese Kuchen sind jetzt auch hier eine Rarität geworden, wie die Virginias.

Mit allerherzlichsten Grüssen sind wir, wie immer Ihre getreuen Brüder

Ihre Auslagen v. 17.VIII. 0.30 R.M., 20.X. 0.50, 30.X. 0.75, 15.XI 0.75, 2.XII 0.90, nehmen Sie bitte auf Ihre nächste Rechnung per 1940, da sonst unsere Buchführung nicht stimmt".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1940,02,23
Schreibort
Wien