"Lieber Herr Doktor,
Sie kommen sicher ab und zu mit Dr. Spilling zusammen. Dann sagen Sie ihm bitte, daß sein [B]enehmen, gelinde ausgedrückt, alles andere als korrekt ist.
Am 29.10.51 fragte er bei mir an, ob ich bereit wäre, Clavichord-Aufnahmen für den Bayerischen Rundfunk zu machen und forderte mich auf, ein Programm mit Werken von Ph. E. Bach einzureichen. Dies tat ich am 3.11.51 und fing gleichzeitig an, in jeder freien Minute heftig zu üben, damit auch jeder Ton der gespielten Werke schön herauskommt. Ich wollte eben zeigen, daß das Clavichord noch ganz anders klingen kann, als man es gewöhnlich hört (auch ich bildeute mir früher ein, es spielen zu können; heute mag ich nicht daran denken, wie ich es vor 10 Jahren traktierte). Inzwischen wartete ich auf den Bescheid aus Nürnberg. Leider vergeblich.
Am 23.11. schrieb ich Dr. Spilling wieder und bat ihn, mir die von ihm gewählten Stücke anzugeben, damit ich sie besonders gut ausfeile Auch auf diesen Brief bekam ich keine Antwort.
Ich kann es mir gut denken, das der Rundfunk unaufgefordert eingesandte Programmvorschläge unbeachtet läßt. In diesem Fall war es aber Dr. Spilling, der an mich herangetreten ist und die elementarste Höflichkeit gebietet dann eine Beantwortung, auch wenn er es sich inzwischen anders überlegt und auf die Aufnahmen verzichet hat.
Ich habe Dr. Spilling als einen anständigen und seriösen Menschen in Erinnerung, aber eine Anstellung beim Rundfunk verdirbt scheinbar den Charakter und macht jeden arrogant. Dies können Sie ihm gelegentlich als meine Meinung sagen, denn ich habe keine Lust, ihm nochmals zu schreiben, sei es auch, um ihm einen schwäbischen Gruß auszurichten.
Nun genug davon!
Wie geht es Ihnen, lieber Herr Doktor? lst Ihre Gesundheit wieder in Ordnung? Gestehen Sie: wieviel Kilo haben Sie sich angefespert, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben?
Was hört man Neues in Clavichorden oder anderen Instrumenten? Kommen Sie in der nächsten Zeit wieder einmal nach Stuttgart, damit wir fachsimpeln können?
Bei uns ist alles wie vorher, blos werden wir immer jünger und elastischer.
Grüßen Sie bitte Prof. Steglich, Herrn Haid und Frl. Luise und seien Sie selbst herzlichst gegrüßt von uns beiden. // In alter Verbundenheit // [handschriftl.] Ihr // AKreutz".