"Lieber Herr Doktor,
Seit zwei Wochen bin ich wieder bei meinem Truppenteil. Der Abschied von der Heimat und der Familie fiel mir besonders schwer und auch jetzt noch habe ich den Urlaubs-Katzenjammer nicht überwunden.
Mir geht es hier eigentlich sehr gut, da da[s] Essen reichlich, die Arbeit aber weniger aufregend ist als in Walk. Trotzdem würde ich lieber in der Heimat hungern. Wenn man Mitte vierzig ist, fällt einem das Herausgerissensein aus der gewohnten Arbeit schwer, auch das Bewußtsein, daß ich als alter Mann nach Hause zurückkehren werde und dann lange üben muß, um anständig Clavichord spielen zu können, wirkt niederschlagend. Und dann: wer weiß, ob nach diesem Krieg noch überhaupt jemand nach Clavichordspiel fragt!
Meine arme Frau macht mir auch große Sorgen. Sie muß für drei Ärzte arbeiten und kann sich nicht einmal satt essen. In ihrem letzten Brief schreibt sie, daß es ihr während der Sprechstunde manchmal schwindelig wird vor lauter Hunger.
Wie lange wird diese Misere noch dauern?
- Nun genug davon. Wie geht es Ihnen in der letzten Zeit?
Sind Sie gesundheitlich wieder auf der Höhe? Was gibt es Neues in Clavichorden?
Leben Sie wohl und seien Sie herzlich gegrüßt von // Ihrem alten // AKreutz".