NL Rück, I, C-0482d

"Lieber Herr Doktor,

vielen herzlichen Dank für Ihren lieben Brief v. 27.4.42. Es hat mich sehr gefreut zu erfahren, daß es Ihnen gesundheitlich einigermaßen geht; in der heutigen Zeit ist die Gesundheit doppelt wert als sonst.

Ihr Bericht über das Restaurieren des Mozart-Clavichords hat mich sehr interessiert. Daß das Instrument nicht mehr den ursprünglichen Resonanzboden hat, könnte man erwarten. Wie ich Ihnen schon früher schrieb, vermute ich, daß das Instrument keine Querrippen hat, sondern nur eine Längsrippe, die parallel dem Steg läuft. Sollte das der Fall sein, so erklärt es sich leicht, daß die Decke ein oder zwei Mal gewechselt werden mußte, denn die Längsrippen fangen den Druck des Steges kaum auf. Instrumente mit Längsrippen haben - wenn sie nicht sehr klein sind - nur eine beschränkte Lebensdauer.

Immerhin weiß man, daß die Reparaturen noch zu Mozarts Zeiten gemacht worden sind, also nicht von irgendeinem Klavierbauer des 19. Jahrhunderts, der von Clavichorden nichts versteht.

Das Instrument könnte von G. Silbermann sein und um 1750 erbaut sein. Dann ist es begreiflich, daß es noch zu Mozarts Zeiten repariert werden mußte.

Ich glaube aber fest, daß der ursprüngliche Steg und die Teilung unangetastet blieben. Die neue Wirbelanordnung erklärt sich wahrscheinlich dadurch, daß die alten Löcher ausgeleiert waren (man zog die Wirbel ja beim Aufziehen der Saiten heraus). Es ist aber auch möglich, daß bei der ursprünglichen Schränkung nach einer Seite der Steg durch den Zug losgelöst wurde (was immer passiert, wenn das Instrument in einem feuchten Raum steht); bei der Reparatur wurde dann eine geteilte Schränkung gemacht.

Auf die Fotos bin ich sehr gespannt. Könnten Sie mir nicht Kopien von den Originalphotographien machen lassen? Ich würde gerne die Aufnahmen besitzen. Schreiben Sie mir bitte darüber, auch über die Kosten, die ich gerne begleichen werde, da ich nicht weiß, was ich hier mit meinem Wehrsold anfangen soll[.]

Wie im Reich herrscht hier nur Tauschhandel. Die Lebensmittel sind äußerst knapp und werden nur gegen Schnaps und Rauchtabak eingetauscht).

Das Wiener Instrument von C.E. Friderici interessiert mich ungemein. Es ist von Christian Ernst Fr., also von dem 'berühmten' Friderici.

Leben Sie wohl, lieber Herr Doktor, denken Sie ab und zu an // Ihren alten Freund // AKreutz".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1942,05,14
Schreibort
Rositten
Erwähnte Objekte
Klavichord
Tasteninstrumente
erwähnt als
Restaurierung
Foto(s)
Detailinformation(en)
Klavichord
Tasteninstrumente