"Lieber Herr Doktor,

Sie können sich kaum denken, wie sehr mich die Nachricht von Ihnen gefreut hat. Mit Sorgen erfüllt mich nur Ihr Gesundheitszustand, hauptsächlich darum, weil das, was Sie am schnellsten wiederherstellen könnte, eine leichte, nahrhafte Kost, gegenwärtig nicht zu haben ist. Doch hoffe ich zuversichtlich, daß das Ausbleiben der vielen Aufregungen der Kriegszeit Ihnen bald gut tun wird. Auch die Rückkehr des Herrn Haid, der Sie in Ihrer Arbeit nunmehr entlasten kann, wird sich fühlbar auswirken, die Überanstrengung der letzten Jahre war, glaube ich, am meisten schuld an Ihrer Erkrankung.

Das ausgebrannte Haus und die verlorengegangenen Instrumente kann man schließlich verschmerzen, wenn es einem auch schwer fällt, die Resultate langjähriger Mühe und Arbeit vernichtet zu sehen. Denken Sie vor allem nicht zu viel daran, das würde Ihre Widerstandskraft nur vermindern.

Den Wunsch, Sie zu sehen, werde ich wohl noch einige Zeit nicht erfüllt sehen, doch habe ich jetzt wenigstens die Möglichkeit, mit Ihnen brieflich in Verbindung zu bleiben und das ist für mich ein großer Trost, ist doch ein gutes Verhältnis zu seinen Angehörigen und Freunden das Beste, was uns heute noch verblieben ist.

Bei mir gibt es nichts Neues. Ich hänge immer noch in der Luft, wie auch unsere Hochschule, zu deren Eröffnung bis jetzt die Genehmigung aus Frankfurt fehlt. Inzwischen übe ich Clavichord, soweit das bei der heutigen ungelösten Heizungsfrage möglich ist. Wenn nur der Winter vorbei wäre! Im Frühjahr werden wir eher aufleben können, hoffentlich in jeder Beziehung.

Ich gedenke Ihrer in alter Verbundenheit und mit allen guten Wünschen für Ihr Wohlergehen. [Handschriftl.] AKreutz

PS. Vor einigen Tagen bekam ich einen Brief von Dr. Laaff, dem Prokuristen des Schott-Verlages. Er ist total ausgebombt und hat u. a. auch sein Clavichord eingebüßt. Sollten Sie von einer Gelegenheit zum Clavichordkauf hören (modernes oder spielbares altes Instrument), so geben Sie mir bitte Nachricht.

[Handschriftl.] Wie geht es Prof. Steglich? // Grüße an den Herrn Haid."