NL Rück, I, C-0482d

"Mein lieber Herr Kreutz!

Soeben empfangen ich Ihre lieben Zeilen vom 15.12, denen ich wohl entnehmen darf, dass es Ihnen im Leiblichen zufriedenstellend geht und im Seelischen müssen Sie sich halt Ihrem Geschi[c]k wohl oder übel abfinden. Mir persönlich geht es gesundheitlich zufriedenstellend. Ich habe sehr viel Arbeit im Geschäft und auf die Dauer tut mir dies nicht gut, ich muss sehen, wie ich mich ab Januar in irgendeiner Form entlaste, denn schliesslich ist man mit 60 nicht mehr so rüstg, als wie mit 30.

Ich fahre übermorgen ins Zillertal bis nach Neujahr zur Erholung und zum Ausruhen und werde dort ausgiebig zu faulenzen versuchen, Ihnen möchte ich Gleiches gönnen, denn es wird wohl die Zeit kommen, wo auch Sie solches machen können - nur fahren Sie bestimmt nicht in die Berge, sondern eher ins Württemberger Oberland zum guten Wein. Ich kenne ja meinen alten Freund Kreutz diesbezüglich zur Genüge.

Ihre Ansicht über die Aussichten für das Clavichordgeschäft waren mir sehr bekannt und deckt sich eigentlich mit meinen Erfahrungen. Auch ich habe einige Anfragen, die ich nach Möglichkeit mit Doubletten aus meiner Sammlung in Miete befriedige. Leider interessieren Sie sich nicht für den langjährigen Spross der alten Clavichordbaukunst: Aber ich muss Ihnen doch verraten, dass Herr Marx einen Hammerflügel von Karl Stein 1835 Wien [möglicherweise MIR1120], restauriert hat, welcher Flügel fabelhaft geworden ist. Schumann klingt bezaubernd darauf.

Es freut mich immer, wenn ich die nette zierliche Schrift meines Herrn Kreutz sehe, die jetzt sogar recht leserlich geworden ist.

Übrigens: Warum nehmen Sie sich denn kein kleines Clavichord in Ihre Dienststelle? Dann hätten Sie doch etwas Ablenkung, oder mangelt die Zeit? Oder die Versendungsmöglichkeit? Ich rede eben als Laie so geschei[t,] ohne wahrscheinlich von den militärischen Verhältnissen dort irgendeine Ahnung zu haben.

Wir stehen vor dem Weihnachtsfest! Ich wünsche Ihnen von Herzen eine gesegnete Weihnacht, alles Liebe und Gute zum neuen Jahr und möchte mit Ihnen hoffen und wünschen, dass übers Jahr die Friedensbotschaft wirklich kommt. In diesem Sinne drücke ich Ihnen mit herzlichen Grüssen die Han[d] als Ihr in Treue verbundener".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1942,12,22
Schreibort
Nürnberg
Erwähnte Objekte
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnt als
Restaurierung
erwähnte Personen