"Lieber Herr Doktor,
vielen herzlichen Dank für Ihren Brief und die Photos, die mir große Freude brachten.
Um es im voraus zu sagen: ich halte die Berippung des Mozart-Instruments, wie Sie sie bei der Reparatur vorgefunden haben, nicht für die ursprüngliche, aber in dieser Frage wird man, nachdem das Clavichord zweimal umgebaut war, nie Licht in die Finsternis bringen. Jedenfalls halte ich nach wie vor die Verstärkung der Berippung auf drei Rippen für nicht berechtigt.
Übrigens: das Ausstechen der Rippen unter dem Steg ist historisch verbürgt, allerdings kommt es nur bei Instrumente aus dem Ende des 18. Jahrhunderts vor; frühere Beispiele sind mir nicht bekannt. Bei einem Hammerklavier (gebaut um 1790) habe ich sogar eine Rippe gefunden, die unter dem Steg stark ausgehölt war, dafür aber durch eine Stimme (wie bei der Geige) gestützt war, eine ganz eigenartige Konstruktion.
Sie schreiben, daß das Instrument tonlich sehr schön geworden ist. Mich würde vor allem sehr interessieren, ob zwischen dem Original und der Kopie wesentlicher tonliche Unterschied vorhanden ist. Bitte schreiben Sie mir darüber, denn das ist sehr, sehr wichtig zu wissen. Sie schreiben nur allgemein, daß die Clavichordkopie [MIR1070] 'ganz den Charakter des alten Instrumentes hat'. Könnten Sie mir nähere Angaben machen!
Sie fragen noch, ob die Messingtangenten, die sich mit der Zeit in die Saitenchöre einspielen, den Ton der Instrumente beeinflussen. Natürlich! Am Anfang, solange die Einkerbungen noch nicht tief sind, rutscht die Saite aus ihren mit einem häßlichen zirpenden Geräusch heraus, später bleibt sie drin, aber wird auch ungünstig beeinflusst. Die Tangenten müssen ständig abgeschliffen werden. Darüber können Sie nachlesen in der Klavierschule von D. S. Türk (1789, 2. Auflage 1802), außerdem - wenn ich nicht irre - im Stimmbuch Buch von Nachersberg (über die Reparatur der Klavierinstrumente). Sie haben sich, soviel ich mich erinnern kann, dieses Buch photokopieren lassen.
Wie geht es Ihnen sonst? Hat Ihre Massagekur Erfolg gehabt? Bei mir gibt es nichts Neues, ich warte immer noch auf den Augenblick, in dem ich wieder zu meinem Zivildasein zurückkehren darf, doch wird dieser Augenblick nicht vor drei Jahren eintreten.
Herzliche Grüße // Ihr alter AKreutz
Grüßen Sie bitte Prof. Steglich. Wie schade, daß ich Ihn auf dem Mozart-Instrument nicht hören könnte!"