NL Rück, I, C-970d

"Lieber Herr Dr. Luithlen!

Ich vermisse immer noch die durch Dr. Reichert erbetene Bestätigung Ihrer Vereinbarung mit der Österreich. Nationalbank und darf wohl um deren freundliche umgehende Zusendung bitten, damit ich sie als Beleg in Händen habe.

Ich bin derzeit mit dem Wiederaufbau Jahnstr. 27 stark in Anspruch genommen und hoffe nächste Woche den Dachstuhl aufsetzen lassen zu können. Dann bin ich wenigstens einen grösseren Schritt vorwärts gekommen.

Die Sammlung steht jetzt wenigstens in den Tasteninstrumenten halbwegs geordnet in der Erlanger Universität. Die Instrumente überstanden das sechsjährige Depot glänzend, die Klaviere standen teilweise sogar auf Normal-A, ein Beweis, dass unsere Restaurierungsgrundsätze die richtigen sind.

Derzeit arbeitet mein Restaurator an neuen Spinetten und Klavichorden. In diesen Modellen verankert er seine lebenslängliche Erfahrung in der Restaurierung historischer Typen. Die ersten zwei Spinette sind bereits in Erlangen und wurden von Steglich für seine Vorlesung fleissig benützt. Sie klingen und funktionieren vortrefflich.

Recht würde mich interessieren, wie weit eigentlich die Wiederaufstellung Ihrer Sammlung gediehen ist.

Die Notiz, dass [Curt] Sachs in New York tödlich verunglückt wäre, entspricht nicht den Tatsachen. Er erfreut sich bester Gesundheit, - Dr. [Georg] Kinsky lebt jetzt in Berlin-Mahlsdorf. Am Rosenhag 39.

ist aber sehr deprimiert, da er als Jude in den letzten Kriegsjahren schwer arbeiten musste, seine Frau vor kurzem durch Tod verlor und sein gesamtes wissenschaftliches Rüstzeug wie Bibliothek, Karteien etc.. Er bezweifelt, ob er sich jemals noch der Instrumentenkunde widmen kann.

Ich weiss nicht, ob ich Sie schon in meinem letzten Brief um eine Gefälligkeit bat. Ich bräuchte zur Wiederergänzung meiner Bibliothek Schlosser, Alte Musikinstrumente [Schlosser 1920] und Schlosser, Führung durch Ihre Sammlung [Schlosser 1922a]. Den grossen Katalog der Estensischen Sammlung konnte ich gottlob retten.

Ferner vermisse ich sehr das Werk von Kobald über die klassischen Wiener Musikstätten [Kobald 1919]. Unser guter Dr. Klapsia schenkte mir damals ein Exemplar, das aber leider auch englischen Fliegerbomben zum Opfer fiel. Vielleicht wäre es Ihnen möglich, mir mit der Zeit diese drei für mich so teueren und wertvollen Bücher zu beschaffen.

Mit der Transaktion "Reichert" waren auch Spesen verbunden, über die Sie näheres von Reichert hören.

Von Neuerwerbungen kann ich nicht berichten, es wird fast nichts angeboten und wenn, dann zu derartig überhöhten Preisen, dass für mich in meiner derzeitigen finanziellen Lage ein Erwerb ausscheidet. Interessieren würde mich, was Sie an Neuerwerbungen tätigen konnten und wieweit die Restauratorfrage inzwischen gediehen ist.

Ohne mehr für heute begrüsse ich Sie bestens in alter Verbundenheit."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Empfänger Institution
Datum
1947,08,18
Schreibort
Nürnberg
erwähnte Institutionen
Literaturreferenz
Schlosser 1920
Schlosser 1922
Kobald 1919