"Lieber Herr Prof. Steglich!
Ich hatte inzwischen wieder ein paar Rückfälle, darunter in dieser Woche leider einen ziemlich starken, wohl verursacht durch allerhand Ärger und meinen Besuch am Dienstag in Nbg in meinen Ruinen, welche Besuche mich leider so gar nicht günstig beeinflussen. Das Fundament zum 25 qm grossen Behelfsheim ist zwar fertig, dieses versaut mir meinen Garten nachhaltig, wollen wir halt sehen, wenn es fertig ist, ob ich mich mehr damit befreunden kann. Inzwischen wurden heute die Pläne für den Ausbau Jahnstr. 27 - leider nur part. und erster Stock - eingereicht. Gestern kam grad recht der Besuch Dr. Schwemmers, der mit dem neuen komm. Leiter der Stadt. Kunstsammlungen Dr. Troche (GermMus., Nachfolger Kohlausens) sprechen will, damit der Plan genehmigt wird. Ehe nicht Jahnstr. 27 halbwegs wieder ausgebaut ist (in primitivster Weise, mit Behelfsstiege) kann ich keinen Konzertflügel in Nbg lagern und liefern, ausser Troche erreicht bei der Stadt, dass mir diese Räume gibt. Lutze ist leider entlassen, doch hofft man immer noch, dass er wieder angestellt wird! Der neue Kunstreferent für Nürnberg (Nachfolger Planck's) ist Dr. Levié. Ich beauftragte Haid, dass er sich ihm vorstellt. Meines Erachtens könnte es keinesfalls schaden, wenn auch Sie ihm Ihre Aufwartung machen würden, ich empfehle es Ihnen, denn dieses Referat ist damit wohl endgiltig besetzt. Dressel ist angeblich abgesägt worden durch die Ami's. Nachfolger weiss ich nicht wer. - Da ich gestern und heute gelegen bin, nahm ich mir die Mozart-Broschüre [Steglich 1937] wieder vor und finde, für die geplante engl. Abschrift müsste diese doch ergänzt werden in folgenden Punkten: 1. Mozarts Clavichord restauriert durch Rück im Jahre 1942 nebst Vorführungen in Nbg.'s damals noch bestandenem Prunksaal des Rathauses, inzwischen durch alliierte Bomber vernichtet, der Saal. Ob Sies hineinschreiben wollen, entscheiden Sie selbst bitte. Klug ists nicht, aber gerecht wärs sicher! 2. Seite 11: inzwischen erwarb das kunsthistorische Museum Wien Sammlung alter Musikinstrumente laut Verzeichnis von Luithlen (erschienen 1941): 1 Flügel von Anton Walter letztes Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts und einen weiteren um 1800. Nummer 33 und 34 des Verzeichnisses. 3. Neubau zweier Copien des originalen Walterflügels durch Maendler-Schramm München und Wilhelm Rück Nbg: historisch getreue Meistercopien deren eine Rück, die andere Maendler besitzt. Baujahr dürfte meiner Erinnerung nach 1942 spätest sein, denn in Hersbruck führten wir die Copie mit dem Clavichord vor, das 42 abgeliefert wurde. Diese 1. Copie ist die für Rück, sie war also 42 schon fertig. Die Maendlersche wurde wie ich eben finde ende Mai 43 fertig. Die Rück'sche wird wohl 941 angefertigt worden sein. Denn ich erinnere mich, dass wir sie in Salzburg vorführten im 'Cirkus Steglich' wie sich Schenk so 'schön' auszudrücken beliebte. Wann dieser Ihr Vortrag war, werden Sie sicher feststellen können und damit das Geburtsjahr der 1ten Copie. Sie ersehen aber: ich werde schon recht vergeßlich, die lange Abwesenheit der Sammlung von Nbg zeigt sich darin bereits ebenso, wie die leider derzeit nur Ärger und Verdruß bringende 'Wiedergangbarmachung' der Firma Rück! Ich besprach mit Schwemmer, ob uns nicht die Stad[?]
Man würde wohl den Linzer Walter-Flügel auch erwähnen, dam[it] sind es alle bekannt gewordenen Walter-Flügel!
für Geschäft einen Raum geben könnte, er will mit Troche sprechen, aber Haids Bemühungen um solchen Raum waren ergebnislos, ausser einem abgestützten Luftschutzkellerraum im Schulhaus Herschelplatz. --Der André Stein von 1788 [MIR1097] steht jetzt im Wild'skeller: jetzt wäre auch der Moment gegeben, die Copie des Walterflügels (die 2te, die 1te steht bei Mesner/Salzburg/ noch verlagert) mit dem Stein klanglich zu vergleichen (siehe dazu Ihren Aufsatz im Neuen MozartJahrbuch 1941 Seite 206). Leider aber ist derzeit der Kasten der Copie in Volsbach, die Mechanik auf Kohlstein. Geholt kann beides nicht werden, weil kein 1. Raum überhaupt, 2. diebessicherer Raum, 3. Ami's-sicherer Raum - der mit Off Limits gezeichnet werden müsste - vorhanden ist. Also Musik für spätere bessere Zeiten: wann und ob sie kommen bleibt abzuwarten. Denn Nemeskeis Vorderzimmer soll nur 1 Cembalo beherbergen und fürs hintere Zimmer kann ich leider keinen Mietzins ausgeben infolge der enormen Verluste, die ich erlitt. Die Hiobspost'en scheinen noch nicht zu ende zu sein - unberufen - denn vorgestern kam die Nachricht: ein neues Bechstein-Piano ging beim militärisch so wichtigen Angriff auf Rothenburg völlig unter, es stand gar nicht lange, nur etwa 10 Monate dort in Miete! Sind halt wieder 1850 Mark flöten gegangen. Dass all solche Nachrichten mein Interesse am Wiederaufbau meiner Firma nur ungünstigst beeinflussen werden Sie verstehen. Immerhin: ich wollte die Ruhepause im Liegen benutzen, Ihnen für die Textergänzung Material vorzuschlagen. - Wann wird der Clavichordartikel geschrieben werden? Wissen Sie näheres über Valentin, Preussner, Paumgartner (der wohl wieder kommen wird)? Ich hörte im Radio eine Übertragung aus Salzburg der Eroica mit Kapellmeister Denzler/Schweiz als Gastdirigent und das Schubertoktett, sowie die Ansprache Baron Puthones bei der Eröffnung der Festspiele, die mich nicht voll befriedigte. Für heute Schluss und herzliche Grüsse Ihres
Durch Marx Schwiegersohn [Espanion oder Herbert Meyer] erfahre ich, dass Marx ende Mai 45 lebte und seine Wohnung intakt war. Direkte Nachrichten habe ich noch nicht von Marx."