"Lieber Herr Prf. Steglich!
Heute ist Schreibtag für die alten guten Freunde, obwohl seit 2 Wochen ein herrl. blauer Himmel strahlt. Da sollen Sie auch ein paar Zeilen bekommen. Wie gehts Ihnen, Sie müssen auch etwas für Ihre Gesundheit tun, und ich würde mich freuen, diesbezl bald etwas von Ihnen zu hören! Auf ins Gebirge oder sonstwo wo Sie Ihre Ruhe haben, und wärs der Bayr. Wald! Ich bleibe hier noch bis 29ten, dann gehts auf 2 Wochen nach Mayrhofen, Zillertal, Alte Post - wenns die Zeiten erlauben. Man weiss ja nicht, wies mit meinem Werkel in Nbg weitergeht, wen ich halten kann und wie es mit Konzert- und Theaterbetrieb werden wird! Sogar der alte Marx hat Gelüste, sich freiwillig zu melden! Ich bedeutete ihm, dass m.E. seine Arbeit für alte Instr. so kulturwichtig sei, dass er daran weiterarbeiten möchte, und stellte ihm evtl. eine Bescheinigung von Ihnen und Lutze in Aussicht, die seine Tätgkeit ins rechte Licht rückt: etwas, was leider Schultz nie verstanden und so richtig gewürdigt hat! Er hat nämlich derzt. ein Clavichord in der Klaue und ein italiener Spinett ausgangs XVI. Zwei neue Spinette sind fertig bis auf die Deckel! Ich sandte ihm als Anerkennung 5 sage und schreibe fünf Virginals (zu mehr langt leider mein Kontingent auch nicht mehr!!) und ein paar erübrigte Milchmark[en]. Ich bekam Vollmilch hier, weil ich Untergewicht habe und zu hohen Blutdruck, der aber dank der Kur inzwischen zurückging. Muss heuer langsamer baden, war wiedereinmal recht rep. bedürftig! Darum folgen Sie mir! Ihnen liebe Grüsse von mir, denen sich Luise anschliesst! Damit wie immer Ihr".