NL Rück, I, C-0873h

"1. Ich leide seit Ende Okt 39 an einer außergewöhnlich schweren u. sehr langwierigen Neuritis des ganzen linken Arms u. Sch ...gelenks als Folge einer sehr agressiven Infektion von Gürtelrose. Ich konnte im Jahre 40/41 nur vorübergehend in meinem Betrieb arbeiten u. erlitt Weihnacht 1940 dazu einen schweren ??? durch einen Verkehrsunfall in Wien, der meinen einzigen, auch im Geschäft tätigen in meinem Geschäft als Prokurist tätigen Bruder das Leben kostete. Infolgedessen konnte ich auch im Jahre 41 mein Geschäft nicht als Betriebsführer vorstehen und muss auch noch weiterhin die Betriebsführung meinem einzigen und verbliebenen Prokuristen H. H. [Hugo Haid] überlassen. Ich bin ständig in ärztlicher Behandlung bei dem Wiener Nervenspezialisten Univ. Prof. Dr. Kauders [Einfügung: dessen Methode - 1. langjähr. Assistent des weltberühmten Wiener Neurologen Wagner-Jauregg sich in diesem besonders schwierigen Fall als allein erfolgversprechend erwiesen hat.], z.Zt auf seinen Rat zur Kur in Badgastein. Anschließend muß ich wieder zur spezialärztlichen Weiterbehandlung nach Wien.

Beilage 1: Zeugnis

Die Weiterführung meines Geschäfts liegt also bis auf weiteres allein bei meinem Prok. H.H., dem dieeinzig lediglich noch vorhanden die einzig mir verblieben junge Kontoristin mechanische Arbeit abnehmen kann 1 Ich gab bereits an die Wehrmacht ab verlor an kaufmänn. Personal: 1: als weiteren Prokuristen mein Bruder durch tödl. Unglücksfall. 2. meine Buchhalterin u. eine weitere Kontoristin durch abgabe an die Wehrmacht. 3. an techn. Personal 2 Techniker u ein Kunstschreiner u Polierer durch abgabe an die Wehrmacht. Das sind prozentual von 11 Köpfen 6. der verbliebene Rest ist unbedingt nötig, wenn ich mein Geschäft den kulturellen Pflichten, die ihm die Kriegszeit in besonders hohem Maße auferlegt, nachkommen soll. Diese sind: 1) Die Ermöglichung als kriegswichtig anerkannter Veranstaltungen der NS-Gemeinschaft KdF, vor allem in Rüstungsbetrieben und in der Wehrmacht durch Stellung von Konzertflügeln. [Einfügung: Hierzu muß das gesamte übrige Konzertleben Nürnbergs auch mit Flügeln betreut werden.] Ich bin das einzige Haus im Gau in Franken, das diesen Konzertflügeldienst nahezu ausschließlich, teilweise auch in Oberfranken versieht 2 [Einfügung 2: Da ich seit langen jahren Alleinvertreter der großen u ersten deutschen Konzertflügelmarken Bechstein Blüthner Steinway bin.] Während wir früher mit vollem Personal etwa 90 Mal in der Saison (Sept.-Mai) Konzertflügel stellten, hat sich das nunmehr vor allem durch die Wehrmacht- u Rüstungsbetriebveranstaltungen auf fast 200 gesteigert. Das erfordert [?] Überwachung und scharfe Kontrolle der Instrumente. Sie müssen jederzeit pünktlich für Proben angeliefert u danach technisch durchkontrolliert werden. Für diese Arbeiten ist Haid seit einem Jahrzehnt besoners geschult und ausschließlich verantwortlich. Wenn er mir z Ein Ersatz ist weder vorhanden noch vorerst zu beschaffen, weil hierzu neben jahrelanger Einarbeitung kaufmännisch u. technische Erfahrung in einer Person vereinigt sein müssen. (Beilagen: Bestätigung der deutschen Arbeitsfront NS-Gemsch. KdF Gaudachstelle Franken. - Bestätigung des Generalmusikdirektors ... - Bestätigung des Musikbeauftragten beim OBM Nürnberg.

2. Meinem Haus ist angegliedert eine öffentlich zugängliche Sammlung von 1200 historischen Musikinstrumenten aus 5 Jahrhunderten, die in 50 jähr. systematischer Aufbauarbeit geschaffen, unersetzlich ist nicht nur wegen vieler Unica, sondern auch ihrer in der ganzen Welt vorbildlichen Restaurierung. Der OBM der Stadt Nürnberg hat sie als stadtwichtig anerkannt, unter die öffentl. Sehenswürdigkeiten aufgenommen u verlangt deren Sicherstellung für Kriegsdauer zu luftschutzsicheren Orten, um sie der Stadt Nürnberg zu erhalten. Hierfür stehen mir jetzt in der Nähe Salzburgs durch das Entgegenkommen des dortigen Gauleiters Dr. Raimer geeignete Räume zur Verfügung. Diese Umsiedelung wird etwa 2 Monate in Anspruch nehmen, sie ist bei der großen Zahl der Instrumente sehr zeitraubend u sehr subtil. Auch müssen die Instr. am neuen Standort fachmännisch plaziert werden. Ich kann bei meinem körperlichen Zustand die manuellen Arbeiten ohne Haid übertragen nicht durchführen, da mir der hauptsächlichste Betreuer der Sammlung, mein Bruder Hans Rück, wie erwähnt entrissen wurde. Beilagen: Brief des Direktors der Städt. Kunsts..., Gutachten des Musikwiss. Seminars der Univ. Erl.

3) Die langjährige Erfahrung meines Hauses auf dem sehr schwierigen Spezialgebiet der Restaurierung wertvollster historischer Musikinstrumente aus altem deutschen Kunstbesitz wurden seit Jahren - allerdings nur öffentlichen - Museen u. Kunstinstituten nutzbar gemacht. Mein Haus restaurierte W. A. Mozarts eigenen Flügel, kürzlich ein wertvolles Hammerklavier des gauleiters u. Reichsstatthalters Henlein, zur Zeit weiter etwa 60 Instrumente für das Museum des Händelhauses der Stadt Halle. Zur Zeit laufen Restaurierungen wertvollster Instrumente für das Mozarteum Salzburg (W. A. Mozarts eigenes Klavichord), Reichshochschule für Musik Salzburg. Staatl. Kunsthist. Museum Wien, Städt. Museum München, Karlsuniversität Prag und wiederum das Händelhaus der Stadt Halle. Wir sind im reich die einzigen, die solche Arbeiten ausführen können, weil uns noch die dazu nötigen langjährigen Erfahrungen, Einrichtungen u Spezialkräfte zur Verfügung stehen, diese Arbeiten auf diesem Gebiete jeglicher Nachwuchs fehlt, jene sind liegen im öffentlichen Interesse, sind kulturpolitischell unersetzlich. Sie könne nicht auf Zeit nach dem Krieg verschoben werden, weil unser Restaurator bereits über 70 Jahre alt ist und jeglicher Nachwuchs bisher nirgends vorhanden ist auf diesem Gebiete fehlt.

Diese Arbeiten da Haid einer der wenigen ist, Diese Arbeiten verlangen bei der hohen Verantwortung [Einfügung: gegenüber dem öffentlichen Kulturleben würde] die ständige Mitarbeit der Betriebsführung, nachdem ich noch krank bin, muß Haid zu seinen sonstigen [?]genheiten auch noch diese übernehmen.

da sie auch in Form wissenschaftlich-technischer Protokolle niedergelegt werden müssen.

 

[Blatt 5, Notizen zum Vorherigen; siehe Digitalisat]

 

Sbg Mozart Klavichord // 400 M

Reichshochschule // 4000 [M]

Kunsthist. Mus. Wien // 200 [M]

München // 10000 [M]

Halle // 2000 [M]

Prag // 2500 [M]

KdF 100 Konz. a 40 // 4000 [M]

öff. Konzerte 100 // 4000 [M] // 25000.-

 

3) Während zur Zeit beschäftigt mit einer kulturellen Aufgabe, die in engstem Zusammenhang steht mit der vom Führer [Einfügung: zum heurigen Mozart-Gedenkjahr] angeordneten Neuausgabe der Werke W. A. Mozarts: dem Bau einer Kopie von Mozarts originalem Hammerflügel.) Mein Haus restaurierte auf einstimmigen Vorschlag des Kuratoriums des Salzburger Mozarteums zunächst den Originalflügel.

Diese belangreiche Aufgabe muß noch in den nächsten Monaten energisch gelöst werden, damit das Instrument als wesentliche Grundlage eine sehr verantwortungsvolle zusätzliche Arbeit für den Betriebsführer.

XX Zusammenfassend beantrage bitte ich meinen Prokuristen Hugo Haid bis auf weiteres noch folgenden Antrag zu befürworten: ich beantrage die Uk-Stellung meines Prokuristen u stellv. Betrf. H. H. bis auf weiteres, mindestens aber bis zum Ende der bevorstehenden [?], d.i. bis Ende Mai 1942. Die beigelegten Urkunden von hervorragenden Führern des öff. Kulturlebens begründen die Notwendigkeit und Dringlichkeit meines Antrags."

Absender/Urheber Person