"Lieber Herr Dr. Rück,
schönsten Dank für Ihren Brief von der Reise nach Wien! Ich freue mich, daß Sie wieder mobil sind. Dr. Kauders wird Sie nun hoffentlich vollends von den Resten des alten Übels befreien! Fein, daß die Mozart-Klavichord-Angelegenheit nun unter Dach und Fach ist. An mir soll es nicht fehlen, wenn es dann an die Erweiterung der alten Broschüre [Steglich 1937] geht.
Vielen Dank auch für das Aurum, mit dem Sie so viel Mühe hatten. Ich habe nun heute meinen Zahnarzt nicht erwischen können, schreibe Ihnen, sobald er mir Auskunft gegeben hat. Vorderhand schicke ich Ihnen also 2,2 x 18, das sind 39,6 RM durch Postanweisung an Hotel Siller.
Das Januarheft der 'Dame' werde ich morgen in Nürnberg zu bekommen suchen, Hoffentlich glückt's!
Die Berliner Dame vornamens Schle [Michalke] ist mir nur per Bild aus Hesses Musikerkalender bekannt. Ich lege selbiges hier bei, damit auch Sie sich ein Bild von ihr machen können. Ich habe in den Konzertberichten der Zeitschrift für Musik nachgeblättert, um etwas über sie zu finden, gar etwa, was für eine Cembalo-Marke sie spielt, aber nichts gefunden.
Im Januarheft der Zeitschrift für Musik war übrigens eine Besprechung des Münchener Chopin-Abends unseres Ogouse. Da heißt es: '... Von den sonstigen Sänger- und Instrumentalisten-Konzerten nennen wir ... noch besonders den Pianisten Frederick Ogouse, der Chopin auf dem Instrument [MIR1125], das Chopin selbst spielte, vortrug - wobei allerdings das alte Instrument trotz gewisser feiner Klangreize gegenüber dem modernen Flügel ins Hintertreffen geriet - es gelingt uns ebenso schwer, unsere gerade hinsichtlich des Klavierklangs verwöhntere Klangphantasie an das ältere Instrument anzupassen, wie es für den Spieler schwer sein muß, seine Anschlagstechnik auf die Erfordernisse dieses alten Erard-Flügels umzustellen. Immerhin eine interessante Begegnung.'
Das ist weder warm noch kalt. Man spürt wohl heraus, daß der Spieler selbst eben doch im Grunde mehr ein Mann des modernen Flügels ist, jedenfalls scheint der grundsätzliche Klangunterschied dem Referenten nicht aufgegangen zu sein. Wie mögen wohl die Besprechungen in Graz und Wien gewesen sein?
Nächste oder übernächste Woche soll nun doch meine Vortragsreihe auch in der Nürnberger Volksbildungsstätte anfangen - acht Dienstagabende. Mir graust es ziemlich davor, wenigstens solange der Zugverkehr nicht wieder ein bißchen besser ist. Ich kann nämlich jetzt nach den Vorträgen - sowohl denen der Hindenburg-Hochschule wie jetzt den der Volksbildungsstätte - erst mit dem Zug 0.02 nach Haus fahren, und der hat meist noch allerhand Verspätung. So bin ich erst nach 1 Uhr wieder zu Haus. Dabei muß ich Mittwoch früh ja wieder ins Konservatorium, Verzeihung! in die Landesmusikschule! Die Autobusse fahren nach 8 Uhr abends nicht mehr. Na, es gibt noch Schlimmeres! Und wenn es wieder wärmer wird, ist ja auch
die nächtliche Fahrerei nicht so schlimm.
Bitte grüßen Sie Luithlen bestens von mir und seien Sie selbst samt Fräulein Luise herzlich gegrüßt von // Ihrem // [handschriftl.] Steglich.
[handschriftl.] Wissen Sie (oder etwa Dr. Luithlen) jemanden, sei es Männlein oder Weiblein, der als Musikschriftleiter an eine große norddeutsche Zeitung taugt? Vielleicht ein Kriegsbeschädigter oder ein älterer Herr, der nicht wehrpflichtig ist, oder eben eine Dame, eine tüchtige? Ich müßte es aber bald wissen."