"Sehr verehrter Herr Doktor RÜCK!
Meinem Weihnachtsgruß möchte ich noch ein paar Worte hinzufügen und Ihnen sagen, wie oft und wie freundschaftlich ich Ihrer gedenke! Daß unsere Korrespondenz in letzter Zeit etwas weniger lebhaft geworden ist, liegt ganz ausschließlich daran, daß eben keine Probleme vorlagen, die uns beide gemeinsam interessiert hätten.
Sehr herzlich danken will ich Ihnen für die Übersendung des ‚Begleitheftes‘ zur Ausstellung ‚Musik und Musiker der Fuggerzeit‘ [Layer 1959a] in Augsburg, das eine Fülle von wertvollen Daten enthält.
Leider ist es mir nicht möglich gewesen, diese gewiß sehr interessante Ausstellung zu besuchen. War doch der vergangene Sommer mit den Ereignissen verschiedenster Art bis an den Rand angefüllt! Nachdem schon am 23. Mai die zu Ehren Kaiser Maximilians I. veranstaltete Ausstellung eröffnet worden war, folgte am 29. die offizielle Haydn-Ausstellung, die Hofrat NOWAK von der Nationalbibliothek in unmittelbarer Verbindung mit unserer Sammlung im Kuppelraum des großen Stiegenhauses der Neuen Burg eingerichtet hatte. Vom Kuppelraum, in dem Musikautographe, Manuscripte und Erinnerungen mannigfacher Art gezeigt wurden, gelangte man in den Marmorsaal, wo ich die Haydn-Instrumente unserer Sammlung darbot. Am 5. Juni fand dann unser großes Festwochenkonzert statt, das natürlich ebenfalls Haydn gewidmet war. Das Programm umfaßte ein Barytontrio (Baryton von D.A. Stadlman, Wien, 1752: Nikolaus HARNONCOURT), je eine Sonate für Cembalo (Shudi & Broadwood, London, 1775) und Hammerflügel (A. Walter, um 1795: Paul BADURA-SKODA), schließlich ein Klaviertrio (mit dem Hammerflügel Schantz). Es war ein ganz außerordentlich geglückter Abend.
Nach Schluß der Festwochen reiste ich dann zum Kongreß der GALPIN SOCIETY in Cambridge, wo ich eingeladen war, einen englischen Vortrag über unsere Sammlung mit Lichtbildern und Tonbandaufnahmen zu halten, anschließend zu einer Tagung der Leiter von Musikinstrumentensammlungen im Gemeindemuseum in Den Haag, die recht wichtige Ergebnisse gezeitigt hat. Dr. BERNER aus Berlin führte bei dieser Gelegenheit den Vorsitz.
Von meinem illustrierten Büchlein ‚Alte Musikinstrumente‘ [Luithlen 1954b] soll in nicht zu ferner Zeit eine neue, verschönerte Auflage erscheinen. Es wird mir eine Freude sein, Ihnen ein Exemplar davon als Ehrengabe zu überreichen!
Nehmen Sie nun, sehr verehrter Herr Doktor, meine herzlichsten Grüße und nochmals alle meine guten Wünsche für ein schönes Weihnachtsfest und ein glückliches neues Jahr! Wie stets bin ich // Ihr aufrichtig ergebener // [handschriftlich] Victor Luithlen // (Dr. Victor Luithlen) // Direktor der Sammlung alter // Musikinstrumente".