"Sehr verehrter, lieber Herr Dr. Rück!
Ein Klaviermacher SCHENK ist in meinen Auszügen aus den Altwiener Adreßkalendern nicht verzeichnet. Dort kommt nur ein Holzblasinstrumentenmacher Friedrich SCHENK mit Adressen von 1847 und 1851 vor. Außerdem verwahrt unsere Sammlung eine „Pedalgitarre“, die mit „Friedrich SCHENK, Margarethen No. 186 Wien“ gezeichnet ist. Merkwürdigerweise lautet auch die Adresse des Holzblasinstrumentenmachers von 1851 „Margarethen, Grohgasse 186“. Aus dem Besitz der Gesellschaft der Musikfreunde bewahren wir eine mit 1864 datierte Gitarre von Friedrich SCHENCK!
All dies schließt natürlich nicht aus, daß ein Klaviermacher SCHENK in Wien trotzdem existiert hat. Man müßte in verschiedenen Katalogen und Büchern nachforschen.
Zu Ihrer Erwerbung eines Schiedmayer-Flügels von 1794 gratuliere ich Ihnen herzlichst. Über Schiedmayer ist ja nun kürzlich eine größere Arbeit - wahrscheinlich von Frl. RUPPRECHT - erschienen, die ich aber noch nicht erhalten habe.
Als eine Nachricht von Ihnen nach langer Zeit hat mir Ihr Schreiben recht herzliche Freude gebracht! Seit den letzten Briefen, die wir gewechselt haben, ist ja nun mein lang erwarteter und so oft besprochener Aufsatz über den Eisenstädter Walterflügel im Mozart-Jahrbuch 1954 erschienen. Leider sind die Bilder nicht ganz so angeordnet worden, wie ich es gewünscht hätte. Bei der Umstellung der Bilder durch den Herausgeber haben sich leider auch zwei Irrtümer in die Abbildungshinweise eingeschlichen, ohne daß ich Gelegenheit gehabt hätte, sie zu verbessern: auf Seite 207 sollte es in Zeile 10 statt „Abb. 4 und 9“ richtig „Abb. 5 und 9“ heißen, in Zeile 36 statt „Abb. 4,7,12“ richtig „Abb. 4,8,12“. Im übrigen sind die Bilder ja sehr klar und deutlich geraten.
Der vergangene Herbst hat hier in Wien die glanzvolle Wiedereröffnung des Burgtheaters und des großen Opernhauses am Ring gebracht und auch uns in unserer Sammlung vor ganz besondere Aufgaben gestellt. Neben dem Besuch von zahllosen Fremden aus allen Ländern, neben Führungen und Pressekonferenzen hatten wir hier in der Sammlung zwei große Beethovenfeiern, bei denen Beethovens eigener Flügel von Erard Frères in Paris aus dem Jahre 1803, unser jüngerer Walterflügel und der André Stein-Flügel von 1819 vorgeführt wurde. Auf Beethovens Flügel spielte Frau AHLGRIMM drei Bagatellen, auf dem Stein die Fis-dur Sonate op. 78 und auf dem Walter zusammen mit dem Züricher Violinisten Rudolf BAUMGARTNER die A-dur Sonate aus op. 12 von Beethoven. Der Zusammenklang einer original erhaltenen Violine des 18. Jahrhunderts mit dem klassischen Klavier war ganz besonders reizvoll, der Stein-Flügel klang bezaubernd und Beethovens eigener Flügel (den wir ja nie durchgreifend reparieren wollen) immerhin recht ansprechend. Wir hatten zu den Beethoven-Feiern trotz aller anderen Aufführungen und Konzerte während des Opernfestes den größten Zustrom von Besuchern und den schönsten künstlerischen Erfolg, auf den ich selbst im Namen der mir anvertrauten Sammlung ein wenig stolz bin. Zu Ihrer Orientierung erlaube ich mir, Ihnen anbei eine Einladung und ein Programm zu diesen Veranstaltungen zu übersenden.
Nun ist die Zeit des Opernfestes, das uns allen eine wahrhaft nationale Angelegenheit gewesen ist, vorbeigegangen. Trotzdem ist der Betrieb in der Sammlung weiterhin sehr lebhaft. Vergangene Woche hatte ich eine ganze Reihe von Gästen aus England, darunter auch den Klaviermacher Hugh Gough, der ja kurz vorher auch bei Ihnen gewesen ist, kam mit ausgezeichneten Empfehlungen und scheint sich sehr ernsthaft mit den Problemen der Rekonstruktion alter Klaviere zu befassen. Hatten Sie auch klavierbautechnisch von ihm einen guten Eindruck?
Nun will ich hoffen, daß Sie, sehr verehrter Herr Doktor, sich wohlauf und gesund befinden und erlaube mir, Ihnen die herzlichsten Wünsche für Weihnachten und das Neue Jahr zu übermitteln. Mit den besten Grüßen bin ich wie stets // Ihr aufrichtig ergebener // [handschriftlich] Victor Luithlen".