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Sehr verehrter, lieber Herr Dr. RÜCK!
Für Ihr reizendes Neujahrskärtchen und für Ihre freundlichen Zeilen vom 23.12.1954, die ich bei meiner Rückkehr nach Wien vorfand, möchte ich Ihnen vielmals danken! Lassen Sie mich auch Ihnen und Ihren Mitarbeitern alle guten Wünsche sagen. Möge das Neue Jahr sich für uns alle erfolgreich und freundlich gestalten!
Durch die Liebenswürdigkeit von Bekannten, die mich im Auto mitnahmen, hat sich mir die Gelegenheit zu einem Besuch in München geboten, den ich natürlich ausgenützt habe, um mich in den Instrumentensammlungen umzusehen. Es wäre mir aber in der mir zur Verfügung stehenden Zeit ganz unmöglich gewesen, auch nach Nürnberg zu kommen, so gern ich Sie, sehr verehrter Herr Doktor, gesehen hätte. Für Ihre freundliche Einladung möchte ich Ihnen aber sehr herzlich danken!
Vielleicht ist im Lauf der nächsten Monate doch ein Zusammentreffen möglich.
In Angelegenheiten meines Aufsatzes wird eine Besprechung ja wohl kaum nötig sein. Ich habe die Schrift samt den zugehörigen Bildern am 29. Dezember in Salzburg Herrn Ing. SCHURICH übergeben: Wir haben das Ganze an Hand der Salzburger Klaviere zusammen durchgesehen und Fragen der Veröffentlichung besprochen. Nun bitte ich Sie, mit Herrn Ing. SCHURICH zu beraten, in welcher Weise Sie in meine Schrift Einblick nehmen wollen, damit Sie sich dann auf meinen Bericht beziehen können.
Über das Restaurierproblem, von dem ich neulich sprach, möchte ich Ihnen zunächst einmal brieflich berichten, sobald ich etwas zu Atem komme. Wir haben hier seit dem 1. Januar eine Fülle von Neuigkeiten, die zunächst ganz besondere Aufmerksamkeit erheischen. So ist die Besuchsordnung unserer Sammlungen in der Neuen Burg ganz neu geregelt worden: Wir haben nun mit Ausnahme von Dienstag täglich geöffnet, und zwar immer vormittags, nur am Freitag nachmittags und abends. Diese Nachmittagsöffnung entspricht einer immer wiederholten Forderung von Publikum und Presse: Nun wird man sehen, ob der Besuch entsprechend ausfällt. Die Sammlungen - hier in der Neuen Burg ist die Waffensammlung und die Musikinstrumentensammlung nebeneinander untergebracht - sehen ja in künstlicher Beleuchtung mit den vielen Lüstern ganz besonders prächtig aus.
Mit dem 1. Januar hat Herr Universitätsprofessor Dr. Vinzenz OBERHAMMER, bisher Leiter des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum in Innsbruck, die Direktion der Gemäldegalerie und die Leitung des ganzen Kunsthistorischen Museums übernommen. Sie werden Professor OBERHAMMER von den ausgezeichneten Ausstellungen, die in den letzten Jahren das Ferdinandeum berühmt gemacht haben, kennen. Der bisherige 1. Direktor unseres Hauses, Herr Dr. BUSCHBECK, hat mit Ende 1954 die Altersgrenze erreicht: Er war der letzte wissenschaftliche Beamte an unserem Museum, der noch in kaiserlicher Zeit seinen Dienst begonnen hat. Es beginnt also auch damit eine neue Ära.
In München habe ich, wie ich schließlich erzählen möchte, die freundlichste Aufnahme bei Herrn NEUNER und im Deutschen Museum gefunden. Herr NEUNER zeigte mir eine ganze Menge von Kostbarkeiten in seinen Depots. Der Kern der von ihm betreuten Städtischen Musikinstrumentensammlung besteht ja wohl in volkstümlichen und außereuropäischen Instrumenten. Bewundert habe ich vor allem die frühen chinesischen Bronzestücke und die reiche Zahl von Elefantenzahnhörnern. Im Deutschen Museum hat ein Aufseher sehr nett [auf] einer ganzen Reihe von alten Musikinstrumenten gespielt. Was sagen Sie zu dem dreimanualigen ‚Cristofari‘-Cembalo und dem ‚Ruckers‘-Cembalo im Rokokogehäuse? Sehr reizend schienen mir einige Clavichorde und der Automat mit den singenden und beweglichen Vögeln auf dem Baum. Wer kann solche mechanische Spielereien gut reparieren? Der Restaurator THOMAS war leider nicht anwesend. Ist er verläßlich? Hat er etwa bei Ihnen gelernt?
Nun habe ich, sehr verehrter Herr Doktor, eine ganze Menge erzählt, und hoffe, bald auch von Ihnen Neuigkeiten zu hören! Mit vielen Grüßen auch an Herrn HAID bin ich, sehr verehrter Herr Doktor, wie stets // Ihr sehr ergebener // [handschriftlich] Luithlen