NL Rück, I, C-970f

"Sehr geehrter Herr Doktor!

In der Erinnerung an Ihren Besuch in Nürnberg möchte ich Ihnen heute Besprochenes mitteilen.

Zuerst wünschen wir, dass Sie gut in Wien wieder angekommen sind und sich Ihrer interessanten Arbeit ganz widmen können. Ich habe alles über die Betrachtung des Walter-Flügels äusserlich überdacht und teile Ihnen im Folgenden verschiedene Eindrücke mit, die Sie aufgrund unserer Feststellungen mit Ihrem Instrument in Eisenstadt vergleichen können.

Wie Sie uns schon sagten, hat der Flügel ganz die äussere Form des Walter-Flügels in Mozart's Geburtshaus. Über den Umbau des Instrumentes ist von diesem Flügel aus zu sagen, dass Deckel, wie auch Zargenwände aus massivem Holz (Nussbaum) sind. Der Deckel ist in der Bänderlage der Aufsicht mit Querstücken zur Länge verleimt, ganz glatt, also ohne Füllung. Interessant ist beim Deckel, dass zur Verstärkung eine Leiste unterhalb bei dem Salzburger und auch bei unserem frühesten Walter [MIR1098] aufgeleimt ist. Diese Leiste hat ungefähr eine Stärke von 9 x 11 mm und läuft in der ganzen Ansicht, die meist das Publikum sieht. Das Instrument steht in Salzburg ja bekanntlich auf 5 Füssen in quadratisch konischer Form und zur Verzierung sind Blättchen auf dem obersten Teil und abgesetzt von unten aufgeleimt. Dasselbe haben wir auch an unserem frühen Walter gefunden.

Die hohle Zargenwand hat eine Stärke von 7 mm, die Längswand im Bass 18 mm. Weiter ist zu beachten, dass vorne die Vorsatzleiste an der Klaviatur mit den Zierbacken im Bass und Diskant verleimt ist. Die Leiste hat bei dem Salzburger Flügel ein Ausmass von 15 x 42 mm, die Zierbacken sind in einer ausgespannten Stimmstockverstärkung im Bass und Diskant eingelassen und sind mit dem Klaviaturrahmen und dieser Vorsatzleiste gemeinsam herauszuziehen. An dem Salzburger Flügel ist in der Mitte keine Spreize eingesetzt, der aufgeleimte Keil auf den Stimmstock ist ungefähr 50 cm stak, die ganze Stimmstockbreite beträgt im Bass 211 mm und im Diskant 186 mm. Die Saitenlänge vom Kontra-F beträgt 1766 mm und vom f''' 121 mm [sämtliche Ziffern sind handschriftlich eingetragen]. Der Steg auf dem Resonanzboden ist sehr zart gearbeitet und steht ganz in dem Verhältnis zur Bodenstärke. Die Holzfaser des schwingenden Resonanzbodens ist zum Teil quer zum Steg verleimt und die sogenannte stumme Ecke im Bass ist längs zur Basszarge geleimt. Auf dieser zusammenstossenden Fuge der stummen Ecke und des klingenden Resonanzbodens ist eine Leiste aufgeleimt mit seitlichen Profilen. Die letzten 11 Chore im Diskant haben 1 x Schrank auf dem Resonanzbodensteg und die anschliessenden zum Bass haben doppelten Schrank durch eingeschnittene Kerben im Steg. Der Steg ist auch aus Nussbaum, ebenfalls der auch auf dem Stimmstock aufgeleimte Steg, der durchaus in einer zierlichen Linie gearbeitet ist. Die Saitenbespannung ist von dem Chor Nr. 1 im Bass bis zu dem angesetzten geraden Steg aus Messing. Vom Kontra-F bis zum gis'' sind die Saiten 2-chörig und vom a'' bis zum f''' 3-chörig. Am Salzburger Flügel ist, wie Ihnen schon bekannt, ein geteilter Fortezug als Kniedrücker angebracht, der die Dämpfung einmal ganz, das anderemal nur im Diskant schräg hebt. Der Moderatorzug wird mit einem Knopfzug bedient. Die Dämpfung wird in einem Dämpferkasten geführt, der bei dem Salzburger Flügel sehr schlecht ist und der v. den oft behandelten und beschriebenen Leisten in der Bass- und u. Diskantwand geführt wird. Interessant ist auch noch, dass die Dämpfungsklötzchen im Bass voll sind, dagegen nach dem Diskant etwas hohl nach Gewicht ausgespant sind. Die Dämpferspäne selbst werden von einem Böckchen auf der Taste beim Anschlag berührt und hochgehoben. Weiter möchte ich Sie noch erinnern, dass Herr Ing. Schurich alle Einzelheiten über Mechanik und die ganze Anlage des Flügels in beschriebenen und fotographierten Unterlagen besitzt und nach meinem Gedanken wäre es doch ratsam, vor dem Vergleich dieses Instrumentes in Eisenstadt diese Arbeit von Herrn Dr. Rück zu studieren.

Mein Geschriebenes soll Ihnen nur dienen, den Flügel übersichtsmässig schnell zu erfassen.

Waren Sie bei Neupert und was haben Sie dort festgestellt? Uns interessiert es natürlich sehr, was Sie von allem für einen Eindruck bekommen haben.

Mit freundlichen Grüssen!"

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1952,11,03
Schreibort
Nürnberg
Erwähnte Objekte
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnt als
Vergleichsobjekt(e)
Hammerflügel
Tasteninstrumente
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnte Personen
erwähnte Institutionen