NL Rück, I, C-970f

"Lieber und verehrter Herr Dr. Luithlen!

Ich danke Ihnen aufrichtig 1. für Ihren lb. Brief vom 3. IV. 52, der mir vor wenig[en] Tagen in Salzburg übergeben wurde, und für jenen vom 27.9.52, den ich vorgestern bei der Rückkehr von der Tagung der Mozartforscher aus Salzburg hier vorfand. Um gleich das Wichtigste vorweg zu nehmen:

Ich möchte Ihnen vorschlagen, erst nach dem Studium meiner Arbeit über die Walter'schen Flügel nach Eisenstadt zu fahren, und dann erst die Dokumentaraufnahmen machen zu lassen. Meine Studie enthält ja an die 20 Punkte technischer Art, die für Walter sprechen. Da wäre es natürlich für die Komplettierung meiner Arbeit von höchstem Werte, diese Punkte gleich auch am Eisenstädter Flügel nachzuprüfen, und Ihre Feststellungen dann in meine Arbeit einzuflechten, damit wir für alle Zeiten das ganze Material beisammen haben. Natürlich soll Ihr Anteil an der Studie entsprechend hervorgehoben werden. Anhand der Studie wird es Ihnen wenig Mühe machen, die technischen Punkte in Eisenstadt zu vergleichen, da die Studie ja ausführlich auf alle Punkte und dazu bequem eingeht. Ueberdies gehören zu meiner Arbeit noch über 50 Fotographien, die die etwa 20 technischen Punkte entsprechend erläutern, belegen und mit Flügeln anderer Meister vergleichen.

Die Wissenschaft wäre Ihnen sicher, ebenso natürlich wie ich, dankbar, wenn Sie meinem Vorschlage beipflichten könnten.

Ihr Besuch in Nürnberg eröffnet diesbezüglich ja sehr erfreuliche Perspektiven. Nun ist aber nicht sicher, ob ich um Mitte Oktober schon zurück bin. Mein Programm ging bisher dahin, dass ich gegen Oktoberende-Novemberanfang erst zurückkehren wollte, da ich meiner Gasteiner Kur die notwendige Nachkur folgen lassen sollte und eigentlich bei meinen Jahren auch müsste. Nun ist aber diesbezüglich ein grosses Fragezeichen aufgetaucht: mein Prokurist Herr Haid hat mit Beschwerden an der Prostata seit kurzem zu tun. Er will übermorgen noch einen Spezialisten konsultieren, und dann klärt sichs, ob ich noch wie gedacht Oktober über ausbleiben kann, oder ob sein Zustand eine sofortige Aufnahme ins Krankenhaus erfordert. Wenn letzteres der Fall wäre, muss ich vorerst auf die Nachkur verzichten und baldigst nach Nürnberg zurückkehren, und dann bin ich natürlich Mitte Oktober in Nürnberg. Die Ausstellung im Germanischen Museum - zu der ich mein Ruckers 1=manualiges Cembalo [MIR1073] und mein automatisches B[i]dermann-Spinett'chen [MIR1223] beisteuerte als Leihgaben - wird wie mir Dr. Metzt [?] in Salzburg vom GM mitteilte Mitte Oktober geschlossen. Gro[t]e fährt anschliessend m.W. 3 Monate nach USA. So würde also Ihr Besuch kurz nach dem 15ten d. Mts. starten.

Sollte ich nicht in Nbg sein, so treffe ich alle Vorkehrungen, dass mein Haus sich 1. in durchaus freundschaftlicher Weise um Sie  s o  annimmt, als wäre ich persönlich da, und dass 2. mein Restaurator Scholz in Ihren freien Stunden ebenso wie mein alter Restaurator Marx sich Ihren Wünschen und evtl. Fragen voll widmen, 3. die Studie [Rück 1956] zu Ihrer Verfügung steht, damit Sie sie mit Scholz, der sie eingehend kennt durchsprechen können. 4. die in mr. Sammlung stehenden Walter-Flügel Ihnen zugänglich sind. Was um so leichter ist, als Steglich anwesend ist und wir jederzeit auch abends in die Sammlung hineinkommen können. Auch Steglich kennt die Studie genau, da er wertvolle Hilfe dazu geleistet hat.

Ich möchte hier gleich anfügen, dass ich den Abschnitt über die Vorderstift-Führung völlig neu gefasst habe, um hier mir manchem Vorurteil mich auseinandersetzen zu können. Ob allerdings meine Leute die Neufassung aussuchen können, ist nicht ganz sicher. Aber diese kann ich Ihnen, wenn nicht auffindbar, sofort nach meiner Rückkehr nach Wien senden, also bevor Sie nach Eisenstadt fahren. Dazu die Studie mit nach Wien geben, damit Sie alles bequem und möglichst wenig zeitraubend anhand haben, bezw. senden, sobald ich in Nbg vom Urlaub zurück bin.

Wie gesagt, es wird sich noch in dieser Woche klären, ob ich nicht Oktobermitte doch in Nbg schon sein muss, dann wird ja eh alles in persönlichem Kontakt zwischen uns, Steglich und den 2 Restauratoren durchgeackert werden können. Dass mir diese Gelegenheit vom wissenschaftlich-instrumentenkundlichen Standpunkt aus besonders lieb wäre, brauche ich nicht zu betonen. Anderseits bitte ich mir nicht zu verübeln, wenn die Verhältnisse sich so gestalten, dass ich meine Nach-Kur noch durchführen kann, dass ich dies tun werde.

Aber wie gesagt, sollte letzteres eintreten, werde ich in meinem Hause inzwischen alles so vorbereiten, dass es klappt.

Ich nehme an, dass es Ihnen angenehm wäre, wenn wir Ihnen ein nicht so teures aber doch angenehmes Quartier besorgen: wenn Sie dies wünschen, bitte ich Sie, mein Haus zu verständigen. Von mir etwa 5 Minuten entfernt liegt Gasthof Busch, der dafür recht geeignet wäre und zivil im Preise. Er ist vom GM auch nur ein Viertelstündchen entfernt.

Wir erwarten also gegf. Ihren Bescheid bezl. Quartier.

Die Erholung hier war leider durch sehr viel Regen und Kälte beeinträchtigt, ebenso durch einen auf Eiter sitzenden Zahn, den ich zwar sofort entfernen liess, der mir aber eine Augenstörung in Form eines kleinen Glaskörperblutergusses brachte. Doch beruhigte mich ein Besuch in der Salzburger Landes-Augen-Klinik und wir bekämpfen ihn schon seit etwa 5 Tagen mit den dort verordneten Mitteln. Wenn es halbwegs geht, wollen wir etwa 8ten spätestens 9ten hier abreisen: nächste Adresse wäre -  wenn Sie nicht postwendend antworten können - Innsbruck, Hotel Arlbergerhof. Sonst ab jetzt Nürnberg in der Quartierfrage. Ich berichte Ihnen noch, sobald meine Pläne endgiltig überschaubar sind.

Inzwischen Ihnen liebe Grüsse, noch herzlichen Dank für die Fotografie des Erard: damit // wie immer Ihr dankbar ergebener".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1952,10,05
Schreibort
Bad Gastein
Erwähnte Objekte
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnt als
Vergleichsobjekt(e)
Einmanualiges Cembalo
Tasteninstrumente
erwähnt als
Leihgabe
Automatenoktavvirginal
Tasteninstrumente
erwähnt als
Leihgabe
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnt als
Foto(s)
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Sammlungsbestand
erwähnt im Zusammenhang
Ausstellung
erwähnt im Zusammenhang
Leihgeber(in)
erwähnt im Zusammenhang
Unterkunft
erwähnt im Zusammenhang
Unterkunft
Literaturreferenz
Rück 1956