NL Rück, I, C-970f

"Sehr verehrter Herr Dr. RÜCK!

Herzlichen Dank für die Übersendung der Programme zu den gelegentlich der Münchner Musikausstellung veranstalteten Konzerten! Es ist schön zu sehen, wie viel jetzt wieder auf dem Gebiete der alten Musik gearbeitet wird und wie viel Interesse dafür in München besteht!

Nun hoffe ich, daß Sie inzwischen meine Aufnahme der Walterflügel erhalten haben, die ich am 22.I.[1952] abgeschickt hatte. Allerdings scheint die Post Sie nur langsam zu erreichen; ich sehe, daß Sie, als Sie Ihre Karte vom 7.II. schrieben, meinen Brief vom 23. Januar noch nicht in Händen hatten, in dem ich über die Abbildungen des Beethoven-Flügels von Broadwood schrieb. Wo das Original der besprochenen Bleistiftzeichnung sich befindet, kann ich nicht feststellen. Auch das Bildarchiv der Nationalbibliothek, wo ich eigens noch nachgefragt habe, um Ihrem Wunsch, den Standort des Originals zu erfahren, nachzukommen, kann keine Auskunft geben.

Ihre sehr eingehenden Fragen über unsere Hammerflügel des 18. Jahrhunderts will ich natürlich gerne, so weit es mir irgendwie möglich ist, beantworten. Alle Einzelheiten kann ich freilich nicht nachprüfen, denn ich bin ja, wie Sie wissen, der einzige Wissenschaftler der Sammlung und habe Hunderterlei zu tun. In den vergangenen Wochen habe ich, neben allen laufenden Dingen, sieben neue Vitrinen eingerichtet, mit Zinken und Holzbläsern, unseren Sordunen, Krummhörnern, Blockflöten und Ähnlichem. In kurzer Zeit wird der neue Saal - es ist der fünfte der Neuaufstellung nach dem Kriege, - hoffentlich auch fertig sein!

Betrachten wir uns also einmal die folgenden Hammerflügel:

a) Inv.Nr. 7351 (um 1780). - Der Überlieferung zufolge aus dem Besitz Kaiser Josephs II. Umfang: F1 - f3. Erbauer ? [Ignaz Kober] Hat Stoßzungenmechanik!

b) Inv.Nr. 437. Von Ferdinand Hofmann, Wien (um 1780). // Umfang: F1 - f3. (= Hofmann I)

c) Inv.Nr. 454. Von Anton Walter, Wien (um 1785). // Umfang: F1 - g3. (= Walter I)

d) Ges. der Musikfreunde 13. Von Johan Jakesch, Wien (um 1785). // Umfang: F1 - f3.

e) Inv.Nr. 539. Von Anton Walter, Wien (um 1785). // Umfang: F1 - g3. (= Walter II)

f) Inv.Nr. 538. Von Ferdinand Hofmann, Wien (um 1795) // Umfang: F1 - c4 (!) (= Hofmann II)

g) Inv.Nr. 8961. Von Johann Schantz (letztes Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts). // Umfang: F1 - g3.

h) Inv.Nr. 436. Von Michael Rosenberger, Wien (Anfang des 19. Jahrhunderts). // Umfang: F1 - g3.

i) Inv.Nr. 556. Von Jacob Könnicke, Wien (um 1810). // Umfang: F1 - f4.

Ihr Brief vom 27.I.1952:

1) Alle genannten Hammerflügel mit de[n] unter 2) angeführten Ausnahmen haben Vorderstiftführung.

2) Ohne Vorderstifte: Kaiser Joseph, Hofmann I und II. - Weiters sei genannt: Inv.Nr. 496, Tafelklavier von Ignatz Kober, Wien 1788.

4) Fängerleiste im Ganzen haben laut Inventar Walter I, II, Rosenberger. - Einzelfänger auf den Tasten: Hofmann I; Hofmann II // Inventarvermerk: 'Die Einzelfänger sind mit den beweglichen Hammerpolstern auf den Tasten verbunden'. - Einzelfänger: Könnicke.

5) Zugknopf für Moderator (über der Tastenmitte): Jakesch, Hofmann I. // Alle anderen Flügel: Kniehebel für Moderator.

6) Gesamtlänge Walter I 220 cm, Walter II 223 cm. Hintere schmalste Breite am Schwanz: 27.5 cm, Walter II 28 cm.

7) Keiner der genannten Walter-Flügel hat die Hebelmaschinerie des Mozartflügels für die Dämpfung.

8) Keiner der genannten Flügel hat den geteilten Resonanzboden des Mozartflügels.

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Ihrer Erwiderung auf die Haas'sche Theorie [Rück 1956] sehe ich, wie Sie sich denken können, mit großem Interesse entgegen. Der Garser Flügel [Salzburg 1782e] kann gewiß ein sehr wichtiges Beweismaterial bringen: es hat mich immer schon interessiert, welche Gründe der Anlaß gewesen sind, daß Sie seinerzeit diesen Flügel in der Art des Mozartflügels ergänzen ließen, und nicht in der Art aller übrigen Walter-Flügel, doch wollte ich nicht danach fragen. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen sagen, daß sich im Niederösterreichischen Landesmuseum in Wien [Ort handschriftlich] seit kurzem ein sehr prächtiger Hammerflügel befindet, der in äußerer Form, Resonanzbodenart und Vorderstiftlosigkeit mit dem Mozartflügel übereinstimmt [heute Rohrau, Haydn-Geburtshaus]. Leider ist auch dieses Instrument unsigniert. Es ist aus dem Besitz der Barmherzigen Brüder erworben worden: eine überlieferte Verbindung mit Joseph Haydn ist unbewiesen.

Über den Eisenstädter Walter kann ich nichts sagen, bevor ich ihn - was ich gelegentlich einer Burgenland-Fahrt im Frühjahr zu tun hoffe - selbst gesehen habe. Aufnahmen der Hammerflügel aus unserer Sammlung, die ich oben genannt habe, sind über die hinaus, die Sie ohnedies kennen, keine vorrätig. Schantz und Jakesch sind zu sehen auf Tafel V des Klavierkatalogs von 1939, das Tafelklavier Kober auf Tafel II des Kataloges 'Saiteninstrumente' von 1941.

Nun hoffe ich, sehr verehrter Herr Doktor, mit diesen Auskünften das Wesentliche Ihrer Fragen beantwortet zu haben, und wenn Sie sich zum Studium so mancher Einzelheiten vielleicht doch zu einer Reise zu uns nach Wien entschließen könnten, würde ich mich sehr herzlich freuen!

Mit vielen Grüßen bin ich wie stets // Ihr ergebener // [handschriftlich] Victor Luithlen".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1952,02,14
Schreibort
Wien
Erwähnte Objekte
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnt als
Foto(s)
Tasteninstrumente
erwähnt als
Foto(s)
Hammerflügel
Tasteninstrumente
Hammerflügel
Tasteninstrumente
Hammerflügel
Tasteninstrumente
Hammerflügel
Tasteninstrumente
Hammerflügel
Tasteninstrumente
Hammerflügel
Tasteninstrumente
Hammerflügel
Tasteninstrumente
Tafelklavier
Tasteninstrumente
Hammerflügel
Tasteninstrumente
Hammerflügel
Tasteninstrumente
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnt als
Vergleichsobjekt(e)
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Erbauer(in) Musikinstrument(e)
erwähnt im Zusammenhang
Besitzer(in) Musikinstrument(e)
Literaturreferenz
Haas 1951
Luithlen 1939
Luithlen 1941
Rück 1956