NL Rück, I, C-970e

"Sehr verehrter Herr Dr. Luithlen!

Ich danke aufs herzlichste für Ihre so freundlichen Glückwünsche, die mich sehr warm berührten, weiss ich doch, dass sie Ihnen von Herzen kommen und Sie mit der berufendste Mann sind, beurteilen zu können, was ich und mein verewigter Bruder alles für die Sammlung getan haben.

Dass meine Bereitschaft, Ihnen auch fernerhin in jeder Weise dienlich sein zu wollen, unverändert die gleiche ist, brauche ich wohl kaum extra zu betonen. Verfügen Sie jederzeit über mich, wenn Sie irgendwelche Wünsche haben.

Ich liess inzwischen und lasse noch allerhand alte musikalische Quellenwerke in der Berliner Staatsbibliothek fotokopieren. Es sind: Eisel, Musicus autodidaktos, Meyer, Neuer Musiksalon, Nachersberg, Stimmbuch, Thon, Ueber Klavierinstrumente. Diese Fotokopien vermittelt mir Dr. Kinsky, der sie in Ostmark bezahlen kann und bei den gegenwärtigen sehr starken Kursgefällen kommen solche Fotokopien in DM-West nicht sehr teuer. Falls Sie an Kopien Interesse haben von den eben bezeichneten Werken, wollen Sie mir Ihre Wünsche bitte mitteilen, damit ich Ihnen schreibe, was die Kopien in DM-West kosten, die Sie dann an Herrn Katholnigg in Salzburg zum Freikurs umgerechnet in Schillingen bezahlen und die Ihnen Herr Katholnigg berechnen würde, um allen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Ich bin über den momentanen Freikurs nicht ganz orientiert, vermute aber, dass er zwischen 5,50 - 6,- Sch. pro DM-West hin- und herpendelt. Der Eisel würde ca. DM-West 9.- bis 10.- kosten, bei einem Umrechnungskurs von 1 : 5,5 wären dies etwa 50 - 60 Schillinge. Ich erwarte gerne Ihre Wünsche.

Haben Sie vielen lieben Dank für die Fotographie 24 x 30 cm de Vries, die leider mit 2 Rissen schon in Salzburg angekomen ist. Der untergelegte Karton war leider nicht genügend stark. Ich muss Sie deshalb, so leid es mir tut, nochmals um Kopien bitten und zwar bäte ich um je 1 Kopie für meine Akten für die Sammlung in Erlangen und für Prof. Steglich privat.

Zu diesem Zweck gehen Ihnen über Frau Fees, Salzburg, Weisserstr. 26, 10 Blatt Kopierpapier 24 x 30 cm zu. Ich sende gleich etwas mehr, falls ich gelegentlich wieder Wünsche habe, damit Papier ebenso wie übrige Platten beim KHM disponibel sind.

Weiter finden Sie in der gleichen Sendung 25 Blatt Fotopapier 18 x 24 cm, welche für den Triumphzug Kaiser Maximilians bestimmt sind. Ich bitte Ihre Fotographin freundlich zu instruieren, dass die Papiere nur bei rotem oder grünem Licht in der Dunkelkammer geöffnet u. weiter bearbeitet werden dürfen und im übrigen normal zu behandeln sind wie andere Fotopapiere. [Typoskript Einschub nachträglich: "Siehe Anlage!"]

Da ich weiss, dass es in Wien mitunter gar nicht leicht ist, geeignetes Packmaterial aufzutreiebn, sind die Papiere so solide verpackt, dass Sie die Verpackung gleich wieder verwenden können für die Rücksendung der Fotos. Ich lasse Ihnen separat noch eine starke Kartonrolle zugehen, die für die 24 x 30 Kopien bestimmt ist. Denn diese flach zu versenden, ist sehr gefährlich, wie wir gesehen haben.

Ueber die Cembalo-Angelegenheit informiert Sie das beiliegende ausführliche Angebot, das ich Ihnen in zwei Exemplaren zuleite, falls Sie eines an eine höhere Stelle geben wollen. Für die Einfuhrgenehmigung würden ziemliche Formalitäten notwendig sein. Hierzu würde ich, falls Ihnen die Anschaffung des Cembalos genehmigt wird, meine Freunde Herrn und Frau Ehrbar von der Klavierfabrik Ehrbar bitten, Ihnen tätige Hilfe zu leisten. Das Ehepaar Ehrbar hat sehr große Erfahrung auf diesem Gebiet und ich bitte Sie, sich gegebenenfalls mit Herrn oder Frau Ehrbar in Verbindung zu setzen und gebe Ihnen für diesen Fall gleich die Adresse: Herr Ehrbar ist im Geschäft am Parkring zu erreichen, Frau Ehrbar wohnt bei Trierenberg im Hochhaus 2/3/12.

Nun hätte natürlich auch ich wieder ein paar Anfragen bezw. Bitten und bemerke, dass ich mit Gegendiensten gerne zur verfügung stehe.

1.) Es erschien im Kongressbericht der Beethoven-Zentenarfeier Wien 1927 auf Seite 373-377 eine Arbei von M. Klier, Volkstümliche Querflöten und die maultrommel.

2.) Es erchien in dem Bericht des Musikwissenschaftl. Kongresses Wien 1927 eine Arbeit von Dr. Geiringer, Das Engelkonzert von Gaudenzio Ferrari im Dom von Saronno. Zu dieser Arbeit besitze ich die Originalfotos, welche ich mir seinerzeit aus Italien mitbrachte. Dagegen fehlt mir der Text.

Ich erlaube mir heute die bescheidene Anfrage, ob Sie mir ad 1.) abschreiben lassen könnten und ad 2.) entweder die Arbeit besorgen könnten oder welche Vorschläge Sie mir machen könnten, um zu dem Inhalt gelangen zu können (Abschrift? Fotokopie?) Ich würde dann gerne eine Gegengabe für Ihre Bibliothek geben.

Falls Abschriften gemacht würden, wäre ich dankbar, wenn noch 2 Durchschläge dazu hergestellt werden könnten, was ja keine Mehrbelastung an Arbeit bedeutet, da ich dann einen nach Erlangen und einen nach Stockholm leiten möchte, vorausgesetzt, dass Sie mir dazu freundliche Genehmigung erteilen.

Kennen Sie Emanuel Winternitz, der jetzt die Musikinstrumenten-Sammlung des Metropolitan-Museums New York betreut? Er soll ein Emigrant aus Wien sein und es würde mich sehr interessieren, was Herr Winternitz in Wien für eine Betätigung hatte. Vor mir liegt nämlich eine längerer Aufsatz aus der Zeitschrift "Musical America" vom 25.3.46: "Wo sich Forschung und Romantik begegnen" (Die Metropolitan-Museums-Sammlung dient Gelehrten, Künstlern, Soldaten und Technikern in gleicher Weise) von Warren Potter. In diesem ist Herr Winternitz als Leiter der Sammlung gebührend hervorgehoben.

Ich wurde an Winternitz durch meinen Freund, den amerikanischen Cembalisten Ralph Leonard Kirkpatrick verwiesen, schrieb Herrn Winternitz einen sehr netten Brief, auf den ich aber ohne Antwort blieb. Falls Sie Herrn Winternitz kennen, wäre mir eine Empfehlung an ihn ganz wertvoll, da sich vielleicht doch die eine oder andere Perspektive gemeinsamer Interessen von Ihnen, mir und ihm ergeben könnte. Insbesondere wäre auch interessant zu erfahren, welche Erfahrungen in musealer und musikinstrumentenkundlicher Hinsicht Herr Winternitz mitbrachte.

Wenn Sie der Artikel von Potter interessiert, könnte ich Ihnen diesen in Abschrift zuleiten. Bitte verfügen Sie gegebenenfalls über mich. Er ist in deutsch übersetzt, ich habe aber auch das englische Exemplar mit einigen schönen Abbildungen, das ich Ihnen fotokopieren könnte.

Ich hörte gesprächsweise, Kommerzialrat Siller sei gestorben, seine Frau lebe noch. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir darüber näheres mitteilen könnten, denn Kommerzialrat Siller zählte ja ebenso wie seine Frau zu meinem engen Wiener Freundeskreis.

Da ich annehme, dass Sie in unserem alten Stamm-Café Demel nach wie vor verkehren, bitte ich Sie, die Damen und die uns bekannten Bedienungen herzlich zu grüssen.

Meine Antwort auf Ihren freundlichen Brief vom 31.1.50 hat sich sehr verzögert. Ich bezog am 23.1.50 im Städt. Krankenhaus ein Zimmer und war dort 55 Tage. Zum Palmsonntag kam ich wieder zurück. Mein Zustand hat sich wesentlich gebessert, doch bin ich noch nicht reisefähig, um die vom Arzt dringend verlangte Erholung in den Bayer. Bergen durchführen zu können. Abgesehen davon ist das Wetter so scheusslich, dass man derzeit nichts versäumt. Ich schalte mich auch schon bescheiden ins Geschäft ein.

Ich gehe mit Ihrem Wunsch einig, dass uns das Jahr 1950 ein Wiedersehen bringen möge!

Im Restaurator-Problem können Sie stets auf meine Hilfe zählen.

Das Deutsche Museum München hat jetzt einen ganz jungen Klaviermacher, den Sohn des früheren Tiroler Konzerttechnikers Thomas, zum Instandbringen seiner wertvollen Instrumente engagiert. Einen ganz jungen Mann, der auf dem Gebiete historischer Instrumente keinerlei Erfahrung hat. Mir ist es unbegreiflich, dass Dr. Fuchs so etwas veranlasst haben könnte. Ich bin allerdings nur durch Thomas sen. darüber informiert, sodass eine Nachprüfung des Falles sicher erforderlich ist.

Es wäre so schön, wenn Sie wieder den Konzertbetrieb wie früher aufziehen könnten. Sie haben sehr recht, die modernen Klaviermacher sind zu 99% ohne jegliches Interesse und ohne jegliches Gefühl für historische alte Stücke.

Wenn Ihr "Ammer" gelitten hat, so könnte mein neuer Restaurator, Herr Scholz, dieses ohne weiteres in Ordnung bringen, denn er war jahrelang technischer Leiter bei Ammer und stammt aus der Schule des Berliner Restaurators Hartmann. Ich könnte Ihnen ohne weiteres Herrn Scholz nach Wien senden, aber das wird natürlich eine etwas teure Sache. Herr Scholz war jetzt fast ein Monat in der Schola Cantorum Basiliensis und richtete dort ein Glaser-Cembalo und einen originalen Jean André Stein-Flügel konzertfähig her.

Momentan arbeiten wir an einer Cembalo-Kopie nach Ruckers, deren Rohbau noch der Berliner Restaurator Hartmann gemacht hat. Die Kopie ist für Prof. Neumeyer von der Musikhochschule Freiburg bestimmt, der ja ein sehr feiner Cembalist ist. Es ist eine sehr interessante Arbeit.

Bei Ihrem Ammer-Cembalo bestünde auch die Möglichkeit, dieses nach Salzburg zu Katholnigg zu bringen, dann könnte Herr Scholz von hier nach Salzburg fahren. Ueberlegen Sie sich einmal diesen Gedanken.

Sehr interessant ist mir, dass Sie von einem Stein 1819 sprechen. Ich kann mich dieses Flügels nicht erinnern und wäre Ihnen für nähere Beschreibung und Fotographie sehr dankbar. Oder sollte es sich um den Flügel handeln, der als Leihgabe von Bösendorfer bei Ihnen steht?

Interessant ist mir, dass Herr Dr. Wisoko jetzt Generaldirektor ist: Ich glaube mich sehr gut zu erinnern, dass ich diesen Herrn im Kultusministerium Wien lange vor dem Anschluss besuchte und mit ihm Verhandlungen pflog wegen Anschaffung eines Maendler-Cembalos für die Musikhochschule Mozarteum Salzburg. Wir kamen zwar damals nicht zurande, es gelang mir aber trotzdem in [m]ehrjährigen Verhandlungen in Salzburg die Mittel für dieses Cembalo freizumachen. Auch ein zweites Maendler-Cembalo konnte ich nach dem Anschluss an das Mozarteum vermitteln. Leider ist das erste ein Opfer der Flammen geworden, dagegen das zweite, neueste Modell täglich in Benützung durch Dr. Reichert. Wenn sich Herr Dr. Wisoko meiner noch erinnert, bitte ich Sie freundlich, ihn bestens zu grüssen und ihm meine besten Empfehlungen zu übermitteln.

Nun ist es ein langer Brief geworden, aber ich freute mich, auf alles ausführlich eingehen zu können.

Mit nochmaligem Dank und vielen lieben Grüssen, wie immer in alter Freundschaft und Wertschätzung // Ihr

[Mit anderer Schreibmaschine nachträglich hinzugefügt] NB. Soeben war Steglich bei mir, der Sie bestens grüssen lässt, und teilt mir mit, dass er den Kongressbericht der Beethoven-Zentenar-Feier und des Musikwissenschaftlichen Kongresses Wien beide 1927 besitze, sodass meine Anfrage und Bitte diesbezüglich auf Blatt 2 vorläufig gegenstandslos ist."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1950,04,13
Schreibort
Nürnberg
Erwähnte Objekte
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnt als
Restaurierung
Hammerflügel
Tasteninstrumente
Einmanualiges Cembalo
Tasteninstrumente
erwähnt als
Kopie
Literaturreferenz
Eisel 1738
Majer 1741
Thon 1817
Klier 1927a
Geiringer 1927a
Potter 1946