"Lieber Herr Dr. Luithlen!
Unterm 10.1.1950 berichtete mir Herr Walter Fichtl, Graz, Bismarckplatz 2/I, über Traiskirchen. Dort sollen Trümmerhaufen von hundert Klavieren und Pianinos liegen und historische Instrumente, welche in einem Schupfen liegen. Es handelt sich angeblich um Cembali, Spinette. Fichtl verständigte die Firma Bösendorfer und Prof. Schmeidl, damals in Salzburg, hörte aber von beiden Firmen nichts, ob dieses unersetzbare Instrumentengut seitens der Regierung oder im Auftrag der Behörden gerettet wurde. Ich bat Fichtl, Ihnen einen Durchschlag zu senden. Da ich nun nichts von Ihnen über diese Sache hörte, nehme ich an, dass Fichtl dies vergass.
Die Sache ist um deswegen von musealem Interesse, weil der Berliner und der Leipziger Sammlung ganz erhebliche Bestände fehlen. Es wäre möglich, dass diese historischen Instrumente in Wirklichkeit nach Berlin oder Leipzig gehören oder in eine andere öffentliche Sammlung, vielleicht sind sie aber auch privaten Besitzes gewesen. Jedenfalls wäre die Sache für uns beide von erheblichem Insteresse und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie einmal bei Bösendorfer und ev. in Traiskirchen klären würden, was da eigentlich los ist. Es wurde behauptet, es handle sich um Reparationsleistungen Deutschlands an Russland, doch dürfte sich dies in erster Linie um die modernen Klaviere und Flügel handeln, die ebenfalls dort zum Verkauf standen. Die Bösendorfer besichtigte Dr. Albert Fischer, Graz, persönlich, ebenso Herr Fichtl und wies dem geschäftsführenden Herrn nach, dass die herumliegenden Bösendorfer Deutschland nie gesehen hatten.
Ich gebe Ihnen diese Ausführungen natürlich nur wegen der historischen Instrumente, denn die modernen Instrumente interessieren uns ja beide im Zusammenhang damit nicht. Selbstverständlich stelle ich es Ihnen frei, in der Sache etwas zu unternehmen oder nicht zu unternehmen. Ich nehme an, dass Sie sicher mit Ihrem Chef darüber sprechen. Ausserdem kann ja sicher Herr Hutterstrasser auch Auskunft geben.
Nochmals bestgrüssend // Ihr".