"Sehr, geehrter, lieber Herr Doktor!
Heute ist das angesagte Kopierpapier (10 Blatt 24 x 30 und 25 Blatt 18 x 24) eingetroffen. Das Photoatelier hat mir versprochen, die Aufnahmen aus dem 'Triumphzug des Kaisers Maximilian I.' in den nächsten 14 tagen fertigzustellen. Die Kopien werden dann - ebenso wie die Rolle mit Kopien des Gemäldes von Vredemann de Vries - direkt nach Salzburg geschickt.
Als ein Photogruß sende ich Ihnen einstweilen eine Aufnahme unseres Andreas Stein-Flügels von 1819 [Inv.-Nr. SAM 560], die Ihnen hoffentlich Freude machen wird. Das Instrument ist aus Mahagoniholz gefertigt, besitzt reiche Bronzeauflagen und Bronzeschuhe an den charakteristischen geschwungenen Beinen. Runde Stoßwand, Staubboden. Zwischen den beiden vorderen Beinen eine Leiste, an der Lyra und die beiden Holzpedale (Dämpfung, Verschiebung) angebracht sind. Wiener Mechanik; Einzelfänger. Zwei eiserne Stimmstockspreizen. Umfang F1 - f4. Durchweg dreichörig. Untertasten Elfenbein, Obertasten Ebenholz. Oberhalb der Klaviatur ein ovales Porzellanschild mit der schwarzen Inschrift: 'André Stein/s'Augsbourg/a/Vienne.' Auf dem Spielladeboden der Vermerk: 'Verfertiget von Andreas Stein/Im Monath May 1819./für Baron Ehrenfels'. Länge: 226, Breite: 124.5, Höhe: 88 cm-. Wir werden diesmal einen stärkeren Karton unterlegen, so daß die Photographie nur ja gut ankommt.
Auch Ihr Brief vom 12. Mai ist heute eingetroffen. In der Cembalo-Angelegenheit kommt vielleicht der Augenblick, wo ich Vorschläge machen kann, und für diesen Fall ist es wichtig, daß ich über Preise und Möglichkeiten informiert bin. Ich danke Ihnen deshalb nochmals ganz herzlich für Ihre freundlichen Auskünfte und Bemühungen. Doch sehe ich, wie gesagt, mit wenig Hoffnung aus diese Sache.
Ein Silbermann-Clavichord besitzen wir nicht. Das Hofmann-Clavichord aus dem Nachlass von Brahms ist - ebenso wie Brahms! - Streicherflügel, der eine zeitlang bei uns als Leihgabe gestanden ist - Eigentum der Wiener Städtischen Sammlungen. Über den anderen Bestand an Musikinstrumenten, um den Sie mehrfach angefragt haben, kann ich derzeit - wie schon neulich angedeutet - nichts erfahren und möchte Sie, lieber Herr Doktor, auch bitten, vorläufig nicht mehr darauf zurückzukommen.
Sehr herzlich würde ich mich freuen, wenn ein Zusammentreffen mit Ihnen in Salzburg sich tatsächlich ermöglichen liesse! Es ist gar nicht ausgeschlossen, daß ich einmal im laufe des Juni dienstlich nach Salzburg fahre. Bitte lassen Sie mich also ganz gewiß wissen, wann Sie eventuell zu treffen wären! Es wäre ja so viel zu besprechen und zu erzählen, und vor allem würde ich mich freuen, Sie persönlich nach so langer Zeit wieder zu sehen!
Nehmen Sie nun, sehr geehrter Herr Doktor, die herzlichsten Grüsse von // Ihrem stets ergebenen // [handschriftlich] Victor Luithlen".
Letzter Absatz sowie Stein-Flügel sind von Rück mit rotem Stift markiert.