NL Rück, I, C-970e

"Sehr geehrter Herr Dr. Rück!

Bei meiner Heimkehr von einer Reise finde ich Ihre beiden Briefe vom 15. August und 2. September; auch hat mich die Cembalistin Frl. Fuhrmann besucht und mir Ihre Grüße gebracht. Es hat mich herzlich gefreut, von ihr über Ihr Wohlergehen nur das Beste zu hören!

Für alle Ihre freundlichen Worte danke ich Ihnen herzlich. Ich beeile mich nun, das wichtigste zu senden, und das ist ja wohl die beiliegende Einladung, uns aufzusuchen. Es wird mir eine aufrichtige Freude sein, Sie nach so langen Jahren wiederzusehen! Außerdem ist eine Besprechung über zahlreiche museale Fragen wirklich sehr dringend und wünschenswert im Interesse unserer Sammlung. Vor allem möchte ich mit Ihnen das Problem des Restaurators beraten. Ich habe, wie Sie wissen, niemanden Entsprechenden gefunden, und die Arbeit, die getan werden muß, häuft sich in erschreckendem Maße. Hoffen wir also, daß sich Ihre Reisepläne bald verwirklichen lassen.

An Restauriermaterial ist vorläufig kein Mangel: ich brauche also von Ihrem liebenswürdigen Angebot augenblicklich keinen Gebrauch zu machen, doch danke ich Ihnen sehr für freundliches Gedenken. Die Studie über die Tenorgeige [Besseler 1949a] hat mir Professor Besseler versprochen, sobald er sie schicken kann. Das Büchlein von Han[n]s Neupert über das Clavichord [Neupert 1948] habe ich - da Sie es anraten - durch unsere Bibliothek direkt bestellt. Die neuen amerikanischen Bücher, die Sie notieren, habe ich zum Teil bereits. Hat Kinsky etwas über Beethovens Klaviere geschrieben? [siehe Kinsky 1949] Meinen Sie vielleicht die Arbeit von Frimmel 'Beethovens Klaviere', 'Die Musik', 2. Jahrgang, 1903, Heft 14, Schuster & Löffler, Berlin [Frimmel 1903]? Professor Steglich hat die Zeitschrift 'Die Musik' ganz bestimmt in seiner Bibliothek.

Um so weit möglich gleich etwas von Ihren Wünschen zu erfüllen, lege ich eine Photographie aus dem hier in der Neuen Burg 1948 neu eingerichteten Musikinstrumentensaale bei. Sie werden viele Bekannte darauf wiedersehen! In der Mitte Beethovens Erard, weiter Giraffe, Nähtischklavier, Oberschlägiger Streicher, in den Vitrinen Lira d[a] Braccio von 1511, Cister von 1574, Viola d'Amore mit Einlegearbeit. Hoffentlich kann ich bald an die Aufstellung der weiteren Säle gehen! Außerdem lege ich ein Photo unseres Gauermann-Porträts des Klaviermachers Walter bei. Ist es nicht ein schönes Bild und eine eindrucksvolle Photographie des finster blickenden Mannes?

Nächstens folgt ein Abzug von der gewünschten 'Musizierenden Gesellschaft' von Vredemann de Vries. Die Kopie wird sicher so schön, daß sie, wie Sie es wünschen, zum Aushang in Ihrer Sammlung verwendet werden kann. Negative von unseren Aufnahmen können nach den Bestimmungen - die wie vor 1938 nun wieder in Geltung sind - nicht abgegeben werden. Das würde auch von den gewünschten Aufnahmen des Triumphzuges gelten: das photographische Atelier ist auf meine Bitte bereit, die gewünschten Blätter aufzunehmen und Ihnen - da Sie ja Platten geschickt haben - kostenlos Positive zu liefern. Die Platten, die gut eingetroffen sind, und die ich einstweilen für Sie verwahre, müßten jedoch hier im Plattenarchiv zur Verfügung des Museums bleiben. Bitte schreiben Sie mir, ob Ihnen das recht ist! Ist Ihnen zufällig erinnerlich, welche Blätter damals für Sie aufgenommen worden sind? Oder können Sie mir die Nummern nach einer Publikation des Triumphzuges (z.B. im Jahrbuch des Kunsth. Museums) angeben? Oder ist es nicht überhaupt am praktischsten, wenn Sie sich bei Ihrem hoffentlich bevorstehenden Wiener Besuch die Blätter auswählen, auf die Sie Wert legen? Dasselbe würde ich in der Angelegenheit der Farbdrucke meinen. Es wäre doch am besten, Sie könnten selbst aussuchen, was bei Wolfrum noch vorhanden ist und Ihnen gefällt? - Die Schrift über die Orphica [Röllig 1795] ist wieder in Verwahrung des Musikvereins. Ich werde, sobald ich dort  hin komme, nachsehen, wie viele Kupfer es enthält. - Nun hoffe ich die wichtigsten Dinge aus Ihren Briefen besprochen zu haben, und wünsche, daß Ihnen die beiliegenden Photos Freude machen und Ihre Reisepläne glücken werden. Nehmen Sie, sehr geehrter Herr Doktor, die herzlichsten Grüße von Ihrem // stets ergebenen // [handschriftlich] Victor Luithlen

3 Beilagen (2 Photos, 1 Schreiben)".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1949,09,21
Schreibort
Wien
Erwähnte Objekte
Literaturreferenz
Neupert 1948
Besseler 1949a
Frimmel 1903
Röllig 1795