NL Rück, I, C-970e

"Sehr geehrter Herr Doktor Rück!

Von einem langen Aufenthalt in Kopenhagen in Angelegenheit unserer grossen Wiener Kunstausstellung heimgekehrt, finde ich Ihre Briefe vom 22.II. und vom 4. Mai. Ich eile, Ihnen zu sagen, daß ich wie immer Ihrer in vieler Freundschaft gedenke, und daß die Pausen in der Korrespondenz ganz ausschließlich nur in den vielfachen Reisen begründet sind: seit September 1948 bin ich sehr wenig in Wien, zuerst in Stockholm und dann mehrmals in Kopenhagen gewesen. Nun ist unsere Ausstellung nach wahrhaft triumphalem Erfolg (312.00 Besucher) in Kopenhagen geschlossen worden und wird dieser Tage in London eröffnet. Ich hatte einen Waggon Kunstgut heim nach Wien zu führen, und habe nun eine Wiener Zeit vor mir. Leider werde ich auch hier vielfach mit musealen Dingen in Anspruch genommen, die außerhalb der Musikinstrumentensammlung liegen. Dabei bin ich ja ganz allein. Wie sehr schätze ich Sie glücklich, daß Sie neben Herrn Marx nun auch Herrn Scholz zur Verfügung haben! Ich konnte bisher niemanden mit entsprechendem Interesse und entsprechenden Kenntnissen finden. Wenn Sie helfen können, wäre ich ganz außerordentlich dankbar. Arbeit gibt es unendlich viel.

Mit Dr. Emsheimer habe ich in Stockholm mehrere gemütliche und aufschlußreiche Zusammenkünfte gehabt. Er schreibt mir, daß er Sie im Sommer erwartet: ich wünsche Ihnen auf das Herzlichste diesen Auslandaufenthalt, Schweden ist in vieler Beziehung ein Paradies, und landschaftlich so schön! Allerdings würde ich raten, nicht zu spät im Jahr hinaufzufahren. Ich würde mir spätestens den August wählen, wenn ich es mir aussuchen könnte. Voriges Jahr war es im September schon sehr kühl für unsere Begriffe, und im Oktober völliger Herbst. Über Nachbildungen von Instrumenten, nach denen Dr. Emsheimer fragt, schreibe ich ihm gleich direkt; ich glaube, daß man mit solchen schwierigen Versuchen besser noch etwas warten sollte, bis wir wieder über mehr Personal und Material verfügen. Das gleiche gilt, leider, auch vom Photographieren. Ist es sehr eilig mit dem Triumphzug? Sonst würde ich lieber ein bisschen warten mit dieser Bestellung bei unserer ganz außerordentlich überlasteten Photographin.

Wenn ich recht verstehe, sind die Platten ja nicht bei uns im Museum geblieben, sondern Ihr Eigentum gewesen, d.h. es müßten also neue Aufnahmen gemacht werden?

Wie gerne würde ich wieder einmal mit Ihnen über alle unsere Musikinstrumentenprobleme sprechen! Nach Salzburg werde ich freilich im Mai kaum kommen können. Würde es Ihnen für eine Reise nach Wien hilfreich sein, wenn ich Ihnen eine amtliche Einladung schicken würde? Oder kann ich sonst irgend etwas dazu beitragen, daß eine Reisebewilligung erteilt wird?

Zu Ihrem Einzug in Ihr eigenes Haus wünsche ich Ihnen, sehr geehrter Herr Doktor, recht herzlich Glück! Und recht gute Erholung zu Ihrem jetzigen Landaufenthalt! Mit allen herzlichen Grüssen bin ich, sehr geehrter Herr Doktor,

Ihr stets ergebener

[handschriftlich] Dr. Victor Luithlen".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1949,05,11
Schreibort
Wien
erwähnte Institutionen