"Sehr geehrter Herr Doktor!
Vielen Dank für Ihren freundlichen Brief vom 17. März. Die Sache Erard-Graf wird von meinen Vorgesetzten als durchaus abgeschlossen betrachtet. Würden Sie wirklich meinen, daß ich mit der sicheren Aussicht auf abschlägigen Bescheid ein Ersuchen stellen soll, wie Sie es anregten? Es würde damit, glaube ich, gar nichts erreicht, und weder Ihnen noch unserer altbewährten wissenschaftlichen Zusammenarbeit irgendein Dienst erwiesen. Viel eher können wir ja später einmal bedenken, wie sich die Unkostensumme irgendwie verrechnen läßt, wenn wieder geschäftliche Beziehungen aufgenommen werden können. Im Ganzen betrübt es mich, daß Sie durch die Nachkriegsverhältnisse gezwungen sind, sich wegen einer an sich so geringen Summe Sorgen zu machen. Und seien Sie versichert, daß ich nicht vergesse, wie hilfsbereit Sie uns immer beigestanden haben, und daß ich gewiß immer trachten werde, zu helfen, wenn ich kann!
So habe ich auch sofort den Geigenmacher Kaltenbrunner angerufen; er läßt sich entschuldigen, daß er Ihnen wegen seiner Arbeitsüberlastung noch nicht hat antworten können. Er hat auch schon Umfragen nach für Schweden geeigneten Geigen-Reparateuren gehalten, aber niemanden gefunden, den er empfehlen könnte. Er wird sich weiterhin bemühen, und Ihnen selbst Nachricht geben. Übrigens wundert es mich, daß sudetendeutsche Instrumentenmacher hier sein sollen, doch viel eher in Bayern? Das Angebot, nach Schweden zu gehen, ist so verlockend, daß man sich eigentlich denken müßte, es würde eine Menge von Bewerbern aufscheinen!
Für Herrn Ing. Stieber in München hätte ich nun gerne Photos der drei von uns verwahrten Barytone geschickt, efahre aber, daß die Versendung von Photographien nach Deutschland nicht gestattet ist. Ich verweise also auf die folgenden publizierten Bilder: 1) Baryton von Simon Schödler, Passau, 1782, Slg, alter Musikinstrumente, Inv.-Nr. 7287 [SAM 88]. Abgebildet im Schlosser-Katalog, Tafel XIX. Beschreibung ebenda, Seite 65.
2.) Baryton von Daniel Achatius Stadlman, Wien 1732. der Überlieferung nach aus dem Besitze Joseph Haydns. Gesellschaft der Musikfreunde 46. Abbildung in meinem Katalog 'Saiteninstrumente' [Luithlen 1941], 1941, Tafel VII., weiter im Zusatzband der Geschichte der Gesellschaft der Musikfreunde, 1912, Instrumententafel I. Beschreibung ebenda Seite 159.
3.) Baryton von Magnus Feldlen, Wien, 1656. Gesellschaft der Musikfreunde 44. Beschreibung im oben genannten Zusatzband, Seite 159. Keine Abbildung bekannt. Wenn die genannten Beschreibungen Herrn Stieber nicht zugänglich sind, so will ich sie gerne kopieren lassen. Das S. 159 des genannten Zusatzbandes der Gesellschaft der Musikfreunde unter Nr. 45 genannte Baryton H. Kramer, Wien 1714, wure 1922 von der Gesellschaft gegen andere Instrumente vertauscht und ist nicht mehr in Wien. Weiter höre ich, daß Herr Ing. Stieber sich schon mit dem Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde ins Einvernehmen gesetzt hat, und daß Frau Dr. Kraus seine Anfrage bereits bearbeitet. Schließlich möchte ich noch anmerken, daß Dr. FRYKLUND in Helsingborg in seinem Katalog von 1945 ein Manuskript, 24 Divertimenti für Baryton, Viola und Bass von J. Burgksteiner anführt (erwähnt Kinsky Kat. II, S. 501). Fryklunds Baryton-Arbeiten (auch Deutsche Instrumentenbauzeitung, 1925) kennen Sie ja bereits. Nr. 165 seines Katalogs ist ein von [Otto] Möckel, Berlin, 1911, gefertigtes Baryton.
Für Ihre Nachricht über die Gesellschaft für Musikforschung möchte ich Ihnen herzlich danken. Ich wußte schon durch Universität und Musikverein von der Neugründung, und freue mich, daß die Musikforschung wieder in geregelte Bahnen gelenkt wird. Ein Beitritt kann freilich derzeit nicht in Frage kommen.
Nun wünsche ich Ihnen, sehr geehrter und lieber Herr Doktor, daß das Frühjahr Ihnen viel Freude und Fortschritt beim Wiederaufbau Ihres Hauses bringen möge, und sage Ihnen und Herr Professor STEGLICH meine herzlichsten Grüße und Empfehlungen! Wie immer
Ihr aufrichtig ergebener // [handschriftlich] Luithlen".