"Lieber Herr Dr. Luithlen!
Ich erhielt dankend Ihren Breif, der zwar vieles beantwortet, aber was mich am meisten interessiert hätte, offenlässt: nämlich meine mehrfache Anfrage nach dem Fall 'Traiskirchen'! Seien Sie doch so lieb sich darüber zu äussern.
Sollte Sie Ihr Weg Ende Mai - Anfnag Juni nach Salzburg führen, könnten wir uns treffen, da ich letztes Mai-Drittel nach Schellenberg an der Salzburger Grenze zur Erholung ein paar Wochen weilen werde.
Nun zur Cembalo-Frage: den von Ihnen genannte Umrechnungssatz 1 : 7 gilt natürlich nicht, wenn der österreichische Staat über die österreichische Nationalbank ein Cembalo kauft bezw. bezahlt. Dann liegt es ja im Belieben der Nationalbank, den niedrigsten Kurs anszusetzen, d.h. für die Mark den geringsten Schillingkurs dem Staat zu berechnen. dadurch kommen natürlich wesentlich niedrigere Beträge in Schillingen heraus. Wenn die Sache einen ernsteren Hintergrund hat (und ich nehme an, dass Ihnen sehr daran liegt, wirklich erstklassiges Cembalo nach Wien zu bringen), würde ich Ihnen doch sehr raten, die Angelegenheit mit Ihrer Direktion und mit der österreichischen Nationalbank zu besprechen. Wenn Sie nämlich ein 'Maendler'-Cembalo für Wien sich sichern wollen, wäre es an der Zeit, dies bald zu tun, denn ich bitte nicht zu vergessen, dass Herr Maendler hoch in den 70er Jahren ist und man trotz seiner robusten Gesundheit nicht noch viele Jahre mit seiner Arbeitsfähigkeit rechnen kann. Es ist dies ein Moment, das bei Beurteilung der Frage eine sehr grosse Rolle spielt. Meine Kalkulation des Cembalo-Preises ist durch Maendler und mich so niedrig wie möglich angesetzt, da uns beiden daran läge, den Namen 'Maendler' in Wien für immer verewigt zu sehen. Ich darf Sie also bitten, die Sache einmal doch nochmals mit Ihren herren Direktoren durchzusprechen.
Nun sprach ich vor kurzem in Stuttgart mit dem besten deutschen Clavichord-Spieler, Herrn Prof. A. Kreutz. Dieser interessiert sich ständig und anhaltend für Clavichordbau und Konstruktionen historischer Clavichorde. Er behauptet, in der von Ihnen so liebevoll betreuten Sammlung befände sich ein Silbermann-Clavichord. Wenn diese Annahme richtig ist, wäre ich Ihnen sehr dankbar für ein paar Foto-Aufnahmen dieses Clavichords: einmal von oben gesehen, das zweite Mal von der Seite gesehen, unter Beifügung der genauen Masse.
Ich persönlich kann mich zwar nicht erinnern, dass bei Ihnen ein Silbermann-Clavichord stand, aber es sind schon allerhand Jahre her, dass ich letztmals mich mit Ihren Clavichorden beschäftigte und so wäre eine Täuschung möglich. Jedenfalls darf ich Sie freundlich um Ihre Rückäusserung zu diesem Punkt bitten. Herr Kreutz arbeitet überdies an einem Buch über Clavichorde und würde sich sicher seinerzeit durch ein Exemplar für die Fotos dankend revanchieren.
Wissen Sie übrigens, wohin eigentlich die Instrumente gekommen sind, die seinerzeit in einem Schulhaus des 2. Bezirks sichergestellt waren und die ich gemeinsam mit Orel expertisierte? Es befand sich darin u.a. ein Clavichord aus dem Nachlass von Brahms, wenn ich mich recht entsinne, signiert von Hofmann-Wien. Ich nehme an, dass Sie dieses Instrument auch besonders interessieren könnte. Eine telefonische Rückfrage bei Orel könnte vielleicht die Sache klären, denn ich nehme an, dass orel noch in Wien lebt.
Inzwischen wie immer mit freundschaftlichen Grüssen // Ihr getreuer".