NL Rück, I, C-970e

"Lieber Herr Doktor!

Nach längerer Pause wieder ein Lebenszeichen.

In meiner Werkstätte wird z.Z. ein sehr schöner Hammerflügel general-restauriert, der nach Herausnahme des Resonanzbodens auf dem Unterboden nachfolgende Inschrift mit Bleistift trägt:

Johann Gottlieb / Fichtel d 9 Sept / 1803.

Weiter ist in die Leiste über der Klaviatur das Monogramm J G F eingelegt. der Flügel ist in Pyramiden-Mahagoni ausgeführt und hat messingüberzogene Profilstäbe links und rechts auf den Seitenbacken und vorne an der Stimmstockkeilkante, vierkantige Füsse und auf deren Kapitelen oben eine kleine Messingverzierung.

Mir drängt sich der Gedanke auf, dass es sich hier um ein Wiener Fabrikat handeln könnte und deshalb heute die Anfrage, ob Ihnen über diesen Fichtel als Hammerflügel-Erbauer etwas bekannt ist. Der Name Fichtel kommt im Zillertal vor, sodass es sich ev. auch um einen Innsbrucker Instrumentenmacher handeln könnte. Ich kenne allerdings von prominenten Innsbrucker Instrumenten-Namen in erster Linie nur Gröber, von dem u.a. ein Flügel im Diözesan-Museum zu Brixen steht.

Bitte lassen Sie mich bald Antwort wissen, die besonders auch Herrn Professor Fritz Neumeyer interessiert, der in der Hochschule in Freiburg wirkt und heute wohl der beste Cembalist in Deutschland ist.

Wir fertigten für Herrn Professor Neumeyer vor kurzem eine ganz wunderbare 'Ruckers'-Kopie nach einem früher in der Berliner Staatssammlung befindlichen Original, die tonlich ausgezeichnet ausfiel.

Von Ihrem Wirken hört man leider garnichts, umsomehr wäre ich dankbar, auch darüber einiges zu vernehmen.

Derzeit richte ich fünf Vitrinen in meinem neuen Geschäftsraum ein. Als Neuerwerbung kann ich Ihnen einen Konrad Graf-Flügel benennen, den ich aus Stockholm bekam. Auf dem Resonanzboden hat er eine gestochene Vignette, zwei Medaillons und darunter handschriftlich No. 2788 Conrad Graf.

Aus welchem Jahr kann der Flügel stammen? Die Signatur, in Messing-Buchstaben eingelegt, lautet: Conrad Graf /Kaiserl. Kön. Hof-Fortepianomacher / Wien.

Der Flügel braucht allerdings einen ziemlich zeitraubenden Eingriff, hat aber trotzdem den typisch romantischen Graf-Flügel-Ton, soviel wir beurteilen können.

Ihnen liebe Grüsse und herzlichen Dank im voraus für Ihre Auskunft

von Ihrem

 

(Dr.Dr.h.c. Ulrich Rück)".

Handschriftliche Anmerkung mit Bleistift von Ulrich Rück auf erstem Blatt unten:

"No. 2788 [unleserlich]".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1951,07,12
Schreibort
Nürnberg
Erwähnte Objekte
Cembalo zweimanualig
Tasteninstrumente
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnt als
Ankauf
erwähnte Institutionen