NL Rück, I, C-970e

"Lieber Herr Dr. Luithlen

Ich habe Ihnen vor allem bestens zu danken für Ihren lieben Brief, der mich in Salzburg erreichte. Als ständige Adresse nenne ich Ihnen: Klaviersalon Heinrich Katholnigg, Salzburg, Sigmund Haffner Gasse 16. Weiter danke ich Ihnen im Namen des herrn Prof. Edwin Fischer bestens für die Überlassung der Photographie des Erard-Flügels nebst Reproduktionserlaubnis und werde veranlassen, dass nach Erscheinen des Buches Ihrer Bibliothek ein Exemplar zugeht durch den Inselverlag. Dies wird aber noch eine Anzahl Monate dauern. Nun eine kleine Zwischenfrage, [unleserlich] ich das Bild an Herrn Prof. Fischer weiterleite: Sie schrieben das Wort 'freres' ohne Akzent auf dem ersten 'e' unf der Rückseite der Fotographie. Ist dies Absicht, d.h. lautet die Signatur so oder ist's ein Versehen? Hierüber möchte ich gerne noch Klarheit haben ehe ich das Bild versende.

Für die Veröffnetlichung meiner Arbeit über den originalen Walter-Flügel benötige ich, wie bereits geschrieben, eine Aufnahme Ihres 2. Walter-Flügels. Die erste habe ich dankend erhalten. Die 2. Aufnahme möchte, wenn irgendwie möglich, auch in der Ansicht gemacht werden, in welcher die erste Aufnahme gemacht wurde, damit man die Vorderfront und die vordere Seitenfront gut vergleichen kann. Zugleich bitte ich namens der Stiftung Mozarteum um die Genehmigung zur Reproduktion. Ich will nämlich gut vergleichbar und möglichst neben- und untereinander mehrere Walter-Flügel in der gleichen Ansicht bringen.

Übrigens wird Sie interessieren, dass die Firma Neupert einen Walter-Flügel angeblich in Coburg erworben hat, den sie, wie ich höre, für DM 8000.-- anbietet. Für den Preis kann ich keine Gewähr übernehmen, ich kenne auch den Flügel nicht und kann ihn leider nicht in meine Expertise mit einbeziehen. Im übrigen sprechen soviele Punkte für Anton Walter als Erbauer des originalen Flügels, dass für uns als instrumentenkundliche Fach- und Museumsleute ausser jede[m] Zweifel steht, dass die gute Constanze [Mozart] schon auch wusste, wer den Flügel ihres Gatten gebaut hat! Übrigens erschienen über die Haas'sche Broschüre zwei Kritiken in Wien, die den eigenartig persönlichen Charakter des Inhalts ziemlich deutlich an den Pranger stellen. Ich selbst habe mich ja nur mit der Sache selbst auseinanderzusetzen.

Ist Ihnen bekannt, dass Herr Fiala einen sogenannten Mozartflügel an einen Herrn Leonhard aus Brüssel verkauft hat und handelt es sich in diesem Falle um den von Fiala erworbenen und in der Broschüre verwandten Walter-Flügel? Dies zu wissen wäre mir nur deswegen interessant, weil ich, weil ich dann den neuen Besitzer in meiner Expertise wiederum gleich benennen kann. Herr Dr. Fiala ist auf mich leider weniger gut zu sprechen - obwohl ich dem Mann in den 30-er Jahren nur Gutes erwiesen habe - sodass ich wohl kaum Aussicht hätte, von Ihm Auskunft zu erlangen. Aber Ihnen wäre dies vielleicht möglich. Wie gesagt, ich stelle auch diese Frage aus rein sachlichen Gründen.

An Ihren beiden Walter-Flügeln interessieren mich noch verschiedene technische Details. Hierüber kann ich aber erst nach Weihnachten Sie um Auskunft bitten, da ich momentan infolge Hochsaison im Geschäft mit Arbeit überhäuft bin.

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Weihnacht, alles Gute im neuen Jahre und grüsse Sie herzlichst als // Ihr

 

NB:

Zur Münchner Ausstellung: // Die Gegenstände in den Vitrinen sind malerisch angeordnet und aus diesem Grund nicht systematisch wie in [vielen] Ausstellungen. Es soll eine Ausstellung für die breite Masse sein, darum sind in den Vitrinen immer zu den Instrumenten auch Bilder und Erstdrucke enthalten.

Ihre Frage vom 27. November 1951, wie die J.A.Stein-Flügel original beledert waren, ob mit einer oder zwei Lagen Leder, ist wohl eindeutig kaum zu klären. Am Basler Flügel hat Herr Scholz die alte, also doppelt übereinander gelegte Belederung gelassen. Herr Scholz hat aber den Eindruck, dass diese Belederung früher schon einmal erneuert wurde. Meinen eigenen J.A.Stein-Flügel kann ich erst nach Weihnachten oder Neujahr in Erlangen expertisieren. Ich will sicherheitshalber auch noch in Leipzig bei Herrn Marx anfragen, wie der dortige Stein beledert war oder ist, falls sich Herr Marx noch erinnern kann.

Im übrigen grundsätzlich folgendes: Es ist nicht anzunehmen, dass bei historischen Flügeln der Mozartzeit, wenn sie heute auf uns in noch überhaupt anständigem Zustand übergehen, die Belederung aus der Mozartzeit stammt. Sie wissen ja, dass im Briefwechsel von Constanze mit dem Sohn Karl bereits erwähnt ist, dass Walter die Belederung von W.A. Mozart's Flügel vor der Ablieferung nach Mailand erneuerte. Daraus ist zu schliessen, dass die Belederung ca. 20 Jahre gehalten hat. Aus dieser einwandfreien Datierung ist klar zu ersehen, dass man eigentlich heute nicht oder kaum annehmen kann, noch Flügel zu finden, die Lederoriginal aus dem letzten Fünftel des 18. Jahrhunderts auf den Hämmern aufweisen. Wenn die Flügel viel gespielt wurden, spielte sich das Leder durch. Da nun andererseits Hammerleder in der alten Qualität der Mozart-Zeit sicher noch bis mindestens in die 50-er Jahre des 19. Jahrhunderts erhältlich war, kann man auch kaum aus der Art des verwendeten Leders Rückschlüsse ziehen. Auch ist nie gesagt, ob bei der Neubelederung die alte Manier, doppelt oder einfach, eingehalten wurde. ["- Blatt 2 -]

Grundsätzlich dazu noch folgendes: Die Ton-Qualität der Flügel der Mozart-Zeit und der Klassiker- und Romantiker-Zeit hängt nicht unwesentlich von dem jeweils verwendeten Fell ab: Das eine ist weicher gegerbt, das andere ist weniger weich gegerbt. Aus diesem Grunde halte ich schon seit ein paar Jahrzehnten Felle verschiedener Konsistenzen auf Lager. Da es sich hier um interne Betriebsgeheimnisse handelt, darf ich Sie wohl bitten, diese Mitteilungen streng geheim-zu-halten und nicht weiterzugeben. // D.U."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1951,12,13
Schreibort
Wien
Erwähnte Objekte
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnt als
Foto(s)
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Kontaktinstitution
erwähnt im Zusammenhang
Neuerwerbung(en)
Literaturreferenz
Haas 1951