"Sehr geehrter, lieber Herr Doktor!

Seit Ihrem Briefe vom 17. März habe ich nicht mehr von Ihnen gehört, und auch auf mein Schreiben vom 7. April noch keine Antowrt von Ihnen erhalten. Ich hoffe aber, daß es Ihnen und auch Herrn Professor Steglich gut geht und daß Sie im Wiederaufbau schöne Fortschritte erreichen konnten!

Der große Ausstellungssaal mit Musikinstrumenten hier in der Neuen Burg, den ich im Frühjahr neu gestalten konnte, ist recht schön geworden und findet viel Anklang. Ich hoffe, daß ich bald in die Lage komme, Ihnen ein Interieurphoto aus diesem Saale übersenden zu können! Im übrigen bemühe ich mich um weitere Räume und um neue Aufstellungsmöglichkeiten, und darf auf glückliche Lösungen hoffen. Nach und nach werden auch alle Instrumente der Sammlung überholt und gewinnen wieder ihre volle Ausstellungsfähigkeit! Das Interesse für die Sammlung alter Musikinstrumente ist immer rege, auch die Verbindung mit ausländischen Sammlungen und ausländischen Wissenschaftern knüpfen sich langsam wieder fester.

In letzter Zeit hat sich ein Herr Franz Josef HIRT in Bern um Photographien an uns gewandt, der ein Tafelwerk über die Entwicklung des Klavieres im Atlantis-Verlag in Zürich herausgeben will [Hirt 1955, erschienen im Urs-Graf-Verlag]. Die Idee eines solchen Tafelwerks mit schönen Bildern scheint mir sehr begrüßenswert und hilfreich: so habe ich Herrn HIRT, von dem ich bei dieser Gelegenheit allerdings zum ersten Male hörte, einige Photos von Klavieren in unserer Sammlung zur Verfügung gestellt. Weiter habe ich mir erlaubt, ihn auch auf Ihre schöne Sammlung hinzuweisen und auf Ihre reichen Verdienste und Erfahrungen um die Wiederherstellung von alten Klavieren, die dem Autor einer Publikation über alte Klaviere ja die wichtigsten Anregungen bieten können. Ich nehme an, daß Herr HIRT - wenn er nicht ohnedies schon mit Ihnen in Verbindung ist - demnächst an Sie schreiben wird.

Ich selbst fahre nächster Tage in Angelegenheiten unserer österreichischen Ausstellung nach Stockholm, und werde mehrere Wochen ausbleiben. In Stockholm werde ich natürlich die Musikinstrumentensammlung und Frau Dr. Tenggren besuchen! Wenn Sie mir nicht nach Stockholm (Adresse Nationalmuseum) ein Kärtchen schreiben wollen, so hoffe ich nach meiner Rückkehr nach Wien von Ihnen Nachricht zu finden und lauter gute und erfreuliche!

Nehmen Sie nun, sehr geehrter, lieber Herr Doktor, meine besten Empfehlungen und Grüße"

Ihr aufrichtig ergebener [handschriftlich] Victor Luithlen".