"Sehr geehrte Herren!
Ich empfing die mir übersandte Lyra [betrifft MIR1115] nebst Zeichnung, sowie gestern eine Pergamenthaut von Fa. Rösch, Wörner & Co. Da sich der Clavichorddeckel als zu schmal erwies, mußte ich am hinteren Deckel noch ca 4 mm an der Scharnierkante ansetzen. Das angesetzte Holz wäre ja nun nachzufärben, da ich aber wohl in der Annahme nicht fehlgehe, daß Sie doch einmal den schmutzigen Oelfarbenanstrich entfernen lassen werden, so führe ich das Ablaugen gleich selbst aus, denn diese Arbeit muß ja richtiger vorgenommen werden bevor das Pergamentband erneuert wird.
Am Sonntag war mein Bruder [Otto Marx], der Sie bestens grüßen läßt, zur Besprechung des Dulckenflügels [MIR1115] bei mir.
Eine heikle Aufgabe ist es zunächst, dem Stimmstock wieder richtigen Halt zu geben. Ob der Boden bleiben kann, sellt sich erst im weiteren Verlaufe der Arbeit heraus. Nötig werden wahrscheinlich neue Wirbel [mit anderer Hand: "1.)"]. Am Klaviaturbelag sind neun Stück neue Vorderplatten nötig. Der Belag sieht noch so gut aus, daß man ihn für Elfenbein halten könnte. Würden Sie die Knochenplatten [mit anderer Hand: "2.)"] und event. auch neue Wirbel beschaffen können? Von den 4 Schließhaken [mit anderer Hand: "3.)"] fehlen 2 ganz, die 2 vorhandenen sind reparaturbedürftig. Die Neuanfertigung und Reparatur dieser hübschen Schließhaken werde ich sicher bei Fa. Krause [Dresden, Bronce-Krause], hier, haben können. – Die Frage der 4 Züge: Forte, Piano, Moderator u. Fagott, ist völlig klar. Den alten Pedalsteg denken wir zu verwenden, wegen der neuen Lyra schreibt Ihnen mein Bruder selbst.
Nun zu den vermeintlichen Intarsien. Es sind keine Einlagen, sondern eine[r] solchen täuschend ähnlich und sehr gut ausgeführte Malerei, die nach meiner Meinung nach der bekannten Abziehbildmanier hergestellt wurde. Der Sockelfries ist soweit gut erhalten, nur an der kurzen Spitzwand fehlt ein Stück, schlimm sieht es aber an der Rückwand aus, da fehlen 5 Stücken in einer Gesamtlänge von mindestens 100 cm und das noch Vorhandene ist größenteils lose, da die Rückwand unter Feuchtigkeit gelitten hat. Hier wäre das Fehlende durch gleichstarken Ahornfurnier [in anderer Hand: "4.)"] zu ersetzen, den ich in erforderlicher Stärke nicht habe und kaum werde bekommen können. Der Fries müßte dann handlich nachgemalt werden, dies am Kasten auszuführen – eine schwierige Aufgabe. Dann ist auch der vorhandene Fries zu schmal, das Wandholz überragt den Fries verschiedentlich um 5–7 mm [in anderer Hand: "5.)"]. Es muß unter dem Fries, wie auch bei der Hohlwand geschehen, ein Furnierstreifen angeleimt werden, um das Fehlende zu bedecken. – Nun zu dieser Sache ein Vorschlag von mir: Wie wäre es die noch vorhandenen Friesstücke loszulösen und ornamentgerecht nach vorn zusammenzurücken und dann das freibleibende hintere Stück kurzer Hand durch einen dunklen einfachen Furnier zu ersetzen, etwa mit schwarzem Birnbaum. Die Rückwand eines Flügels wird ja oft einfacher behandelt. Wie ist Ihre Meinung hierzu? [in anderer Hand: "nein"]
Am Pedalsteg, den wir wie schon erwähnt ausbessern werden, müssen die Kanten nachfurniert werden. Ob von Fa. Seiler etwas Mahagonifurnier in 1 1/2–2 mm Stärke und event. etwas starker Ahornfurnier zu bekommen wäre?
Der Flügel soll schon wieder ein wirklich gutes Instrument werden und wollen Sie sorgfältiger Wiederherstellung versichert sein, mit der Mechanik und Dämpfung sieht es ja jetzt bös aus. Ich füge ein Stückchen des Rückwandfrieses bei, was ich zurück erbitte.
Mein Bruder überbrachte mir Verschiedenes zu einem Mayrhofer gehörig, dabei zwei Stimmschlüssel, was ich hiermit bestätige.
Mit hochachtungsvollem Gruß // ergebenst // Bruno Marx".