NL Rück, I, C-0569b

"Sehr geehrte Herren!

Mit Ihrem Geehrten v. 30.10. empfing ich den mir gütigst übersandten Scheck von [R]M. 180.- und schrieb ich diesen Betrag Ihrem w/ Conto bestens dankend gut. 

Nachdem ich zuvor feststellte, daß der Giraffenflügel [MINe225] wieder bei Frl. Theilig steht, war ich am Sonntag zu näherer Besichtigung nochmals dort. Frl. Th. stammt aus einer Antikenhändlersfamilie und betreibt selbst noch Handel und da geht es dort recht eng zu.

Der Flügel ist 241 cm hoch, 116,5 breit, im Oberbau 29 und im ganzen 59 cm tief; 6 octavig mit 6 Pedalen; 24 Chor = 2 chörig, 49 Ch.= 3 chörig. Der Aufsatz und der Unterrahmen ist mit Seide überspannt (dies mit Defeckten)[.]

Ueber der Seidenfüllung des Unterrahmens befindet sich zur Verbindung des oberen u. unteren Rahmenstückes eine Lyra, schwarz mit hübschen Metallverzierungen; der Vorbau wird von Frauenfiguren getragen; die Pedale sind metallüberzogen[.] Alles in allem ein recht nettes Äußeres.

[Skizze] An der auf der Skizze angedeuteten Stelle, wo der wa[a]gerechte Klotz an die Hohlwand stößt, befindet sich nach der Rückwand zu eine Klinse von ca 1 1/2– 2 mm. (Diese Klinse verliert sich also nach vorn zu.) Man könnte da an hereingezogene Hohlwand denken, es ist aber auch die obere Fläche des Klotzes hohlgezogen, was sicher auch zu der Klinsenbildung beigetragen hat; jedenfalls ist der Anhang und auch der Stimmstock, soweit ich herankonnte, in Ordnung. Am Stimmstock sind einige Fugen des starken Zwerchfurniers sichtbar (Klinsen) was ich aber für belanglos halte, wahscheinlich durch Zusammentrocknen des Furniers entstanden. Der Boden zeigt bei genauem Zusehen einige feine Sprünge, die zu reparieren sind. Wirbel und Bezug machen einen guten Eindruck, Besaitung dürfte noch viel original sein. Der Kammerton liegt auf dem c. Die Hämmer, deren Scheitel auffallend flach gearbeitet und ziemlich eingespielt sind, wären zu erneuern, ebenso die Dämpferbüschel und dürfte sonst an der Mechanik und Klaviatur (Führunge) zu reparieren geben. So sind auch die Pedale in den Scharnieren sehr wankelmütig. – Zwei gehen nur in Gemeinschaft miteinander.

Das 1. Pedal: Forte, Abhebung der Dämpfung – 2. Pedal: Fagott – nicht [in] Ordnung, die Fagottleiste kommt nicht an die Saiten heran. – 3. Pedal: ganzer Gang der Moderatorleiste = Cembalo (zarter cembaloähnlicher Klang – Einrichtung nicht zu ersehen) – 4. Pedal: halber Gang der Moderatorleiste = Moderation. – 5. Pedal: Pianozug (Klaviaturverschiebung – Wirkung kaum zu merken) – 6. Pedal: Schinelle = Dämpfer Paukenschlag mit Anschlag von drei Schellen. – So, dies wäre wohl das Wesentlichste.

Sonntag erwarte ich meinen Bruder [Otto Marx].

Mit hochachtungsvollem Gruß // ergebenst // Bruno Marx".

 

Notiz mit Bleistift, unten links am Rand "215,- // 8,- // 223,-".

Absender/Urheber Person
Absender/Urheber Institution
Empfänger Person
Datum
1933,11,22
Schreibort
Dresden
erwähnte Personen
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Angebot Musikinstrument(e)
erwähnte Ereignisse
Typ des Ereignisses
Gutachten Zustand
Involviertes Objekt
Giraffenflügel
Involvierte Person
Involvierte Institution
Dresden
1933,11,22