"Lieber Herr Kreutz!
Meine Verhandlungen mit Hartmann-Berlin wegen des Clavichords bei Herrn Lütge ergaben, dass es sich um das von lhnen bevorzugte Modell handelt: das kleinere Instrument mit stark gekrümmtem Steg und quadratischem Resonanzboden. Auf der Unterseite des Resonanzbodens findet sich eine etwas auseinandergeflossene Tusche-Inschrift.
3 Equel 3: Si.
Diese Inschrift steht auf einem Bund und wurde von Hartmann entdeckt, als er das Instrument vor einigen Jahren historisch ganz getreu restaurierte. Über die Restaurierung bekomme ich noch einen Bericht. Hartmann änderte bestimmt garnichts an der akustischen Grundlage. Das Instrument hatte zum Teil noch originalen Saitenbezug, nur die fehlenden Saiten wurden ersetzt. Wenn Sie einmal kommen, könnn Sie es genau studieren.
Ich kaufte das Instrument zur inmmerwährenden Erinnerung an meinen
Bruder. Damit sein Name mit diesem Instrument für immer verknüpft ist, will ich darin sehr dezent eine daraufhinweisende kleine Tafel anringen lassen.
Ich bekam es aber nicht billiger als für 2000.-, da Lütge natürlich auch weiss, was er in Händen hatte.
Nun zu den Rosetten, die Sie sicher auch interssieren: das Instrument hat eine Rosette, die 3 vorschlungene S zeigt: die gleiche Rosette hat das Berliner Cavichord Nr. 589 [=598] des Sachs-Katalogs und das Spinett in der Erlanger Instrumentensammlung bei Steglich. Das gössere Berliner Clavichord, das Sie wenig interessierte hat dagegen die Fächerrosette, wie sie die Silbermann-Flügel tragen. Ausserdem finden sich noch im Berliner Hammerflügel Nr. 12 wieder eine andere Rosette und im Berliner Silbermann-Cembalo wieder eine andere Rosette. Somit sind in der Berliner Sammlung 4 Rosetten vertreten. Die Beschreibungen von Hammerflügel und Cembalo finden Sie im Sachs-Katalog.
Jedenfalls will ich Ihnen als getreuem Clavichord-Sachwalter einstweilen von diesem Sachverhalt Kenntnis geben.
Ich wollte Ihnen nun eine besondere Freude machen, nämlich eine Fotokopie der 'Geschichte des Clavichords' von Gehrlinger [Goehlinger 1910] verehen: ich finde aber das Buch nicht in meiner Bibliothek mehr. Ich hatte es in Wien mit, [wo] ich es abschreiben lassen wollte, aber dann so krank wurde. Es reicht mir jetzt nicht mehr die Zeit, es zu suchen: es dürfte unter Sachen meines Bruders liegen. Aber ich bin noch nicht seelisch so weit, dass ich mich damit beschäftigen kann. Haben Sie also noch ewas Geduld.
Dafür bekommen Sie einige Nürnberger Lebkuchen, die Sie bitte sofort verzehren wollen, nicht aufheben.
Ich reise in wenigen Tagen nach Wien, um dort die Weiterbehandlung meiner Gürtelrose vornehmen zu lassen: Professor Kauders, der langjährige Assisten von Wagner-Jauregg macht mir Nervendruckpunkt-Massagen nach Hartmann-Graz, die mir im Dezember, als
wir sie begannen, sehr gut taten und die jetzt fortgesetzt werden.
Meine Wiener Adresse ist: Wien I., Hotel Siller, Schwedenplatz 4.
Ihnen und Ihrer lieben Frau alles gute und nochmals herzlichsten Dank für Ihre freundliche Auskunft.
Mit herzlichen Grüssen // wie immer Ihr".