"Lieber Herr Doktor,
besten Dank für Ihren Brief v. 22. Juli. Was Sie mir da alles an Fress- und Saufgelegenheiten umd Naturschönheiten angegeben haben, ist natürlich fabelhaft, nur habe ich leider für derlei Sachen keine Verwendung, da ich eine Clavichordreise machen will. Naturgenüsse und besseren Wein habe ich daheim in Württemberg. In Linz und Salzburg bleibem wir nur je einem Tag, damit ich Clavichorde messen kann, alles übrige sieht sich meine Frau an.
Ihrem Wunsch gemäß werde ich im Mozarteum kein Wort über das Mozart-Clavichord fallen lassen. Im übrigem hat das auch keinen Zweck: Merzdorf wollte einmal auch dieses Instrument abmessen; auf seine Anfrage teilte man ihm mit, daß man darüber ein internationales Kuratorium (!) anfragen müsste. Allerdings war das noch vor dem Anschluß.
Wir bleiben v. 6.7 bis 20.7. am Attersee, wo - weiß ich nicht, da meine Frau das Hotel gewählt hat. Übrigens ist mir das auch ganz egal, da ich - wie gesagt - mich für die Natur und [d]ergleichen Sachen außerhalb unsrem schwäbischen Ländle kein Interesse habe.
Auf der Rückreise fahren wir dann über Salzburg, Linz und Passau. Am 24. oder 25.7. kommen wir nach Nürnberg, damit ich endlich meine Gockel für die Mozartflügel-Bezugtabellen, Nachersberg und so weiter abessen kann. Wie backen Sie übrigens die Viecher? Paniert mag ich sie gar nicht.
Weil Sie brav waren, kriegen Sie heute meine Glasharmonikageheimnisse:
Theoretische Werke.
1. C. F. Pohl. Zur Geschichte der Glasharmonika. Wien 1862.
2. Karl Leopold Rölllg. Über die Harmonika. Berlin 1787.
3. Johann Christian Müller. Anleitung zum Selbs[t]unterricht auf der Harmonika. Leipzig 1788.
Beide letzten Werke sind ungemein wichtig. Exemplare in Berlin, München, Dresden und Leipzig.
Alles, was über die Abarten der Glasharmonika (Glaszylinder-Harmonika, Glasplattenharmonika u.s.w.) ferner über die Glasharmonika mit Tastatur [handschriftl.: geschrieben wurde] lasse ich weg, weil Sie das vermutlich nicht interessiert, [handschriftl.: dergl. kleine Aufsätze über die gewöhnliche Harmonika.]
Praktische Werke. [handschriftl.: (außer Mozart)]
1. Steinbeck, ... Adagio pour l’Harmonica. Chez Breitkopf & Haertel à Leips. (Exemplar in der Univ.-Bibl. Königsberg)
2. Röllig, Karl Leopold. Kleine Tonstücke für die Harmonika oder das Pianoforte. Leipzig 1789 (Ex. in Dresden u. Schwerin)
3. Naumann, Joh. Gottlieb. 6 Sonates pour l'Harmonica, qui peuvent servir aussi pour le Pianoforte. Zwei Teile (im ganzen also 12. Sonaten). Dresden. Hilscher o.J. (Exemplare in Dresden und Berlin)
4. Reichardt, Joh. Friedrich. Rondeau pour l’armonica, 2 V., 2 Viole, e B.
5. Röllig, Karl Leopold. 4 Konzerte f. 2 V., 2 Violen, Vcl., Fag. 2 Hörner, Flöte, Harmonica u.B. (Exempl. in Wien)
Bei den theoret. Werken habe ich vergessen: Bartl, Franz Konrad. Nachricht von der Harmonika. Olmütz 1796. (Exempl. in Salzburg, Studienbibl. und Bibl.der Gesellsch. der Musikfreunde in Wien) Ferner eine Rarität ersten Ranges: In der Pr. Staatsbibl. in Berlin unter Müller, M... Programm eines Konzerts auf der Harm. in Bremen (1796), worauf sich auch eine Beschreibung des Instruments befindet. (15 Seiten)
Was sagen Sie nun? So ein Verzeichnis finden Sie nirgends in Deutschland. Hier in Stuttgart haben wir einen Glasharmonika-Spieler Hof[f]mann, der bat mich kniefällig um mein Verzeichnis, aber ich war hart, weil der Kerl nicht auf der richtigen Harmonika spielt, sondern auf abgestimmten Weingläsern. Haben Sie schon einen Idioten gefunden, der Ihre Harmonika erlernen wird? Ich hätte für ihn gleich ein Engagement.
Also bereiten Sie die Göckel vor! Bevor ich sie nicht gegessen habe, rücke ich nicht weiter mit meiner Weisheit heraus. (Ich habe Stücke für Leiern, Dudelsäcke und eine Grifftabelle nebst Übungstücken für die Doppelflöte. Sie haben, glaube ich, ein solches Vieh?)
Eben sagt meine Frau, dass wir in Burgau am Attersee wohnen werden.
Herzliche Grüße, auch an Ihren Herrn Bruder // Ihr // [handschriftl.] AKreutz // und Frau, die schon wieder davongelaufen ist."