NL Rück, I, C-0647

"Sehr geehrter Herr Direktor!

Ich bestätige mit verbindlichen Danke Ihren werten Brief v. 5.1.46, dessen Inhalt mich wesentlich beruhigt hat. Inzwischen meldete ich, Ihrem Rate gemäss, die in Österreich verlagerten Teile der Sammlung der Reichsbank und füge zu Ihrer gefälligen Information eine Abschrift des gemeldeten Textes bei, aus dem auch die Bergungsorte ersichtlich sind. Ferner meldete ich die in Österreich durch meine Firma Wilhelm Rück vermieteten Klaviere und Flügel gemäss den gesetzlichen Vorschriften der Militärregierung. Die Rückführung sowohl der Sammlung als auch der Mietklaviere wird wohl noch geraume Zeit in Anspruch nehmen gemäss Ihren Darlegungen. Bei der Sammlung nehme ich an, dass keine wesentlichen Schwierigkeiten entstehen dürften, weil es sich ja zweifelsfrei um Kunstgegenstände handelt, und weil ich, wie bisher, sowohl auch weiterhin auf Ihre gütige Unterstützung rechnen darf. Wenn Sie mir Ihre Hilfe auch dazu leihen könnten, die Mietklaviere aus Oestereich wieder zurückführen zu können, wäre Ihnen nicht nur mein Haus, sondern bestimmt nicht minder auch die Nürnberger Künstlerschaft zu dauerndem Danke verpflichtet.

Ich darf dazu folgenden ausführen: Die enormen Bombenschäden die Nürnberg und Umgebung brachten einen derartigen Verlust an Klavieren, dass ein ungewöhnlich grosser Bedarf an Mietinstrumenten entstanden ist. Auch eine Anzahl Klavierpädagogen und Künstler hat Ihre Instrumente verloren, und diese Kreise muss ich natürlich in allererster Linie zu befriedigen suchen, Sie kommen in der Dringlichkeit gleich nach den Erfordernissen des öffentlichen Konzertbetriebes. Unter Anspannung alles Verfügbaren konnte ich sowohl Ihren Konzertsaal als auch weitere Stätten wertvoller Konzerte in Nürnberg, Fürth und Erlangen beflügeln. Jetzt kommen bereits Wünsche aus Ansbach! Leider ist aber die gesamte deutsche Klavierindustrie in einem aussergewöhnlichen Ausmasse und so schwer beschädigt, dass an eine Lieferung neuer Flügel und Klaviere auf längere Sicht nicht zu rechnen ist. Ich muss also versuchen, mit dem geretteten Bestand an Mietklavieren wenigstens die vordringlichen kulturellen Bedürfnisse befriedigen zu können.

Und dazu bräuchte das Nürnberger-Kulturleben dringendst meine in Österreich – seinerzeit aus Bergungs- und Erhaltungsgründen – vermieteten Klaviere zurück! Diese, wie mein ganzer Mietbestand, waren niemals eine Handelsware, was schon daraus hervorgeht, dass die Mietverträge den Ankauf des Klaviers durch den Mieter ausdrücklich ausschliessen.

Meine österreichischen Mieter sind mit ein paar Ausnahmen Privatleute, deren Bedarf an Wichtigkeit natürlich weit hinter dem oben geschilderten Nürnberger Kulturbedarf zurücksteht.

Wenn Sie es für gegeben erachten, in dieser Sache ebenfalls mit den massgebenden amerikanischen Kunstoffizier verhandeln zu können, bäte ich Sie sehr darum!

Ich füge zu Ihrer gefälligen Orientierung auch eine Aufstellung meiner in Oesterreich derzeit stehenden Mietklaviere bei, wie ich sie der Reichsbank im Januar einreichte.

Ich hörte, dass die im Salzburgischem verlagerten Kunstgüter der Obhut und Aufsicht des Domkapellmeister Prof. Dr. Messner unterstünden, in dessen Villa zu Skt. Jakob am Thurn auch die zu meiner Sammlung gehörige Meisterkopie von Mozarts orginalen Flügel (den ich der Stiftung Mozarteum nur für Kriegsdauer leihweise überlassen hatte) geborgen wurde durch die Stiftung Mozarteum. Die Stiftung befürchtete mit recht, dass der Flügel in Mozarts Geburtshaus durch die zunehmenden Fliegerangriffe zu stark gefährdet wurde. Diesen Flügel bräuchten wir für das Nürnberger-Erlanger Kulturleben vordringlich zurückgebracht. Es liessen sich damit gerade in Ihrem, so stimmungsvollen Saale wertvolle Konzerte für Musik des ausgehenden 18. Jahrhunderts im Originalklang ihrer Zeit veranstalten, Konzerte, welche für die Erkenntnis, wie Mozart klingen soll von unschätzbarem Wert sind. Des weiteren würde Univ. Prof. Steglich Erlangen diese Flügelkopie für seine Neuherausgabe der Mozart'schen Klavierwerke, im Auftrage der Stiftung Mozarteum, als unerlässliches Studienmmaterial dringend benötigen.

Ob es natürlich möglich ist, unter Berücksichtigung dieser aussergewöhnlichen Umstände die Genehmigung zur Rückführung nach Nürnberg erwirken zu können muss ich Ihrem Ermessen überlassen.

Auf die mir noch fehlenden, in städtischen Depots verwahrt gewesenen Gegenstände komme ich nächster Tage in einem seperaten Brief zurück. Inzwischen begrüsse ich Sie mit nochmaligen Danke und

ausgezeichneter Hochachtung // als Ihr sehr ergebener // Dr. Rück".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1946,02,21
Schreibort
Nürnberg
Erwähnte Objekte
Hammerflügel (Nachbau)
Tasteninstrumente
erwähnt als
Konzert
Auslagerung
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Auslagerung
Kriegsfolgen
erwähnt im Zusammenhang
Auslagerung
Kriegsfolgen
erwähnt im Zusammenhang
Auslagerung
Vermietung
erwähnt im Zusammenhang
Auslagerung
erwähnt im Zusammenhang
Auslagerung
erwähnt im Zusammenhang
Konzertplanung