NL Rück, I, C-0647

"Sehr geehrter Herr Direktor!

Im Anschluß an meinen Brief, in dem ich die nach Österreich verlagerten Bestände meiner kunsthistorischen Sammlungen aufführte, komme ich heute ausführlich zurück auf die durch die Direktion der Galerien und Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg geborgenen Gegenstände:

I. Bergungsort Hoheneck.

Aus dem Bergungsort Hoheneck wurden inzwischen in Ihrem Museum nach den vorliegenden Mitteilungen folgende Instrumente eingelagert:

1.) // 1 Piano Consol, Pape – Paris, restauriert

2.) // 1 Piano Consol. Pape – Paris, halb restauriert. [MIR1182 und MIR1183].

3.) // 1 Schrankflügel, Ehrlich – Bamberg, Kirschbaum poliert [MIR1130].

4.) // 1 sehr frühes Hammerklavier, rechteckiger Querschnitt, 1-chörig.

In einer mir vorliegenden Liste werden dem Bergungsort Hoheneck weiter folgende Instrumente zugeschrieben.

5.) // 1 Clavichord auf Gestelle mit Untertastenbelägen aus Eschenholz

6.) // 1 Hammerflügel signiert Gebr. Gräbner - Dresden, Gehäuse deutsch-Nußbaum, auf 4 zierlichen Füßen [MIR1106],

7.) // 1 Tischhammerklavierchen innen mit Nähkastenschublade, im Deckel einen Spiegel enthaltend, fußlos, wahrscheinlich in Karton verpackt gewesen [wohl das verbrannte Nähtischklavierchen im Oktavformat].

8.) // nicht große Postkiste enthaltend:

2 japanische Kinderstreichinstrumente mit einem Bogen,

1 exotisches Blasinstrument und ein wahrscheinlich alpenländisches 5 saitiges Zupfinstrument,

9.) // 1 Nähkasten-Hammerklavier ohne Füße (hier scheint mir ein Irrtum vorzuliegen, eine Verwechslung mit Nr. 7)

[handschriftl.] Hersbruck [maschinenschr.] 10.) // 1 Hammerflügel Jean André Stein, Augsburg 1791, Nuß mit 4 Füßen [MIR1097],

[Hersbruck] 11.) // 1 Spinett, signiert Bruneti – Verona, 1567, in grün gestrichenem Gehäuse ohne Füße [MIR1082],

[Hersbruck] 12.) // 1 Hammerklavier von harfenförmigem Grundriß, Erbauer Schmahl – Ulm mit 4 zierlichen Füßen,

[Hersbruck] 13.) // 1 größerer Hammerflügel 2.45 m lang, Konzertmodell, signiert Carl Stein, Wien Nr. 294 [MIR1120].

Eine Nachprüfung von den meines Wissens inzwischen durch Sie geräumten Bergungsort Schloß Neunhof hat ergeben, daß die oben verzeichneten Nummern 10, 11, 12, 13, in Neunhof verlagert waren und deshalb aus dem Inventarverzeichnis Hoheneck zu streichen sind. Es fehlen also aus dem Bergungsverzeichnis Hoheneck die Nummern 5, 6, 7, 8 und 9. Mit Schreiben vom 16. Juni des Direktors der städt. Galerien und Kunstsammlungen Dr. Lutze wurde mir seine Kontrolle von Schloß Hoheneck berichtet und darin die Möglichkeit offengelassen, daß die nicht große Postkiste der Nummer 8 der obigen Aufstellung vielleicht unter den Kisten des Buchantiquariat Edelmann, Nürnberg, sich finden könnte. Das mir von der Direktion der städt. G. u. K. übergebene Bergungsverzeichnis Hoheneck ist offenbar nicht richtig, nachdem die Nummern 10, 11,, [sic!] 12, 13, in Neunhof sich vorfanden und dorthin aus Pommelsbrunn gebracht worden waren,, [sic!] dessen Bestände verlagert werden mußten, als das Bauprojekt Happurg die Räumung in Pommelsbrunn erforderlich macht.

Abschließend: Es wäre also auch den Verbleib der Nummern. 5, 6, 7, 8, 9, zu forschen. Der in dem Bergungeverzeichnis Hoheneck aufgeführte Hammerflügel, Gebr,[sic!] Gräbner – Dresden [MIR1106], scheint in Hoheneck verbrannt oder verschleppt worden zu sein. [Handschrifl. am Rand] da. Beweis: Mein Prokurist Hugo Haid brachte vor einigen Wochen von einen Besuch Hohenecks drei der 4 Füße des Gräbner Flügels mit nach Nürnberg! Es wäre jammerschade, wenn dieser generalrestaurierte Flügel der Mozartzeit der einzig bekannte, der Meister Gräbner - sinnlos vernichtet oder gestohlen worden wäre! Er hatte eine Länge von zirka 2.15 m, eine Breite von knapp 1 m, 5 Oktaven Tastaturumfang, schwarze Untertasten, helle Obertasten, das Gehäuse war in deutsch-Nußbaum, der Deckel bestand aus Rahmen mit getäfelten Füllungen, die Klappe über der Tastatur war pultförmig abgedacht. Wenn sich der Flügel nicht vorfindet, würde ich Sie bitten, der zuständige Kriminalpolizeistelle Meldung zu machen. Ebenso die anderen vermißten Nummern zu melden.

II. Depot Panierspl. ev,. Schmiedgasse

Mit meinem Schreiben vom 12. April 1944 an die städt. G. u. K. der Stadt Nürnberg [siehe NL Rück, I, C-0651] bestätigte ich, am 14. Dez. 1943 zur Einlagerung im Depot Paniersplatz überbracht zu haben:

1 Kiste gezeichnet W. R. 110 enthaltend ein restauriertes Hackbrett mit umlegbaren Stegen

1 Kiste gezeichnet W. R. 135, enthaltend ein general-restauriertes, konzertfähiges Hammerklavier Schmahl, Ulm [heute Mozarteum Salzburg]

1 Kiste gezeichnet W. R. 120, enthaltend:

1 original russisches Psalterium Gusli [wahrscheinlich MIR909],

1 Gong,

1 Balalaika-Copie [MIR893] nach Vorbild der Münchener Instrumentensamml.

1 Bogencopie zu einer kaukasischen Fiedel [Fiedel MIR771], Tafelsilber aus Privatbesitz Dr. Rück.

Alle vorbezeichneten Instrumente sind Privateigentum von Dr. Rück gewesen, das Hammerklavier Schmahl wurde von ihm nach der Übergabe an die Reichshochschule für Musik Mozarteum Salzburg verkauft.

Die Kistennummerierung zeigt das lichte Längenmaaß jeder Kiste in cm an, z.B. Kiste W. R. 120 ist innen 120 cm lang, aussen also etwa 124 cm lang.

Es ist mir unbekannt in welchen städt. Depot diese Kisten verlagert wurden. Dass mir die darin verwahrten Werte besonders am Herzen liegen, mögen Sie bitte daraus entnehmen, daß die W. R. 120 mein ganzes Tafelsilber enthält und in der W. R. 135 geborgene Hammerklavier Schmahl Eigentum der Hochschule Musik Mozarteum in Salzburg ist! Ob diese Kisten nach Hoheneck oder in irgendein anderes Depot jemals weiter überführt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis und wäre festzustellen. [In einem Brief an Rück mit Poststempel vom 28.02.1946 werden genau diese Instrumente aufgeführt, allerdings ohne die Information, was mit ihnen geschehen ist.]

III. Depot Königstr. 93?

Im ersten Maidrittel 1944 wurde eine Kiste O. M. 190 gezeichnet, enthaltend eine wertvolle Clavichordcopie entweder Königstr. 93 oder Fränkische Galerie abgeliefert durch meinen Schreiner Kithil, um geborgen zu werden. Diese Kiste könnte eventuell an einen Bergungsort verlagert worden sein, zu welchem ab 2. oder 3. Mai 1944 städt. Verlagerungstransporte erfolgten. Die Kiste war 194 cm lang, etwa 60 cm tiel und 30–35 cm hoch. Das darin befindliche Instrument ist Eigentum meines Restaurators, Otto Marx, Leipzig. Die Kiste kam am 2. Mai 1944 aus Leipzig bei mir in Nürnberg an und [rasch] wurde raschestens zur Behelfsbergung abgeliefert.

IV. Mit dem Schreiben meiner Firma Wilhelm Rück vom 30. März 1943 an die Direktion der G. u. K. [siehe NL Rück, I, C-0651] bestätigen wir, zur Einlagerung im Bunker Panierspl. 2 Kisten abgegeben zu haben mit Inhalt:

Kasetten-Dokumente unserer musikhistorischen Instrumentensammlung. Brief vom 1. September 1943 an Dr. Ulrich Rück, berichtete der Direktor der G. u.K. dem Empfang der zur Bergung übernommenen Kisten.

Mit Brief von 16. Sept. 1943 an die Direktion der G. u. K. reichte meine Firma Wilhelm Rück die zwei Empfangsbestätigungen vom 1. Sept. 1943 an die Direktion der G. u. K. zurück, das 3. Exemplar liegt noch bei meinen Akten. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie die Güte hätten, diese beiden Kisten raschmöglichst frei machen zu lassen, damit ich sie anholen lassen kann. Die Kisten bergen allerwichtigste Akten meiner Instrumentensammlung, darunter allerdings den angekohlten Katalog, der leider nicht mehr fotokopiert werden konnte, weil inzwischen englische Brandbomben Tafelfeldstr. 22/24 zum völligen, [unleserlich] ausbrennen brachte. Der Kassaschrank hielt leider nur bedingt dicht.

V. Depot Holnstein.

Ich würde empfehlen, daß wir dieses Depot baldigst räumen. Obwohl der Schloßbesitzer und Brauereiinhaber Beringer ein sehr anständiger Mensch ist (Telefon Neunkirchen b./ Sulzbach Nr. 18) besteht doch die Gefahr daß die dort deponierten Bücher der Halzerbibliothek ein Schaden trifft, ebenso wie meiner dort verlagerten Instrumenten[unleserlich]. Herr Dr. Schwemmer ist über den Raumbedarf des Wagens informiert: Klaviertransporteur Haber machte den Transport mit dem Holzgaser/ Lastwagen der Atg.

VI. Depot Volsbach.

Ich empfehle eine gründliche Nachkontrolle der dort verlagerten Bestände des Albrecht Dürer Vereins, da mein Herr Haid feststellte, daß von meinen Sachen einiges fehlte. Eine gemeinsame Fahrt dorthin mit Personenwagen wäre äußerst erwünscht, ich würde mich an den Kosten beteiligen und bitte um Ihre Vorschläge.

VII. Depot Kohlstein.

Über Eingriff in diesem Depot ist mir bisher nichts bekannt geworden.

Ich danke im Voraus für Ihre Bemühungen und sehe Ihren geschätzten Nachrichten mit Interesse entgegen. Inzwischen begrüße ich Sie mit besonderer Wertschätzung als Ihnen sehr ergebener // [handschriftl.] Dr. Rück // Dr. Rück

Nachschrift zu I. Depot Hoheneck:

Bei nochmaligem Durchdenken komme ich zu dem Ergebnis: es wäre vielleicht doch geraten, einmal anhand der bei Ihnen vorliegenden Akten – die meinigen sind z.T. leider verbrannt – nachzuprüfen, welche Stücke wirklich nach Hoheneck. Nachdem das Depot Neunhof schon vier Stücke zutage brachte, die als auf Hoheneck verlagert angeführt waren, aber dann de facto nach Pommelsbrunn (wenigstens vermutlich!) kamen und dann nach Neunhof, läge die Möglichkeit auf der Hand, dass evtl. die vermissten anderen Nummern – sei es mit oder ohne den Flügel Gebr. Gräbner [MIR1106]! – in andere Depots kamen, sei es nach Pommelsbrunn – Neunhof, oder überhaupt in andere Depots. Auch wäre es möglich, dass in diesen Depots sich die Vermissten unter Stücke bezw. Kisten mengten, die anderen Depot-Teilhabern vielleicht doch noch zum Auffinden der vermissten Sachen führen können.

Die mir vorliegende Abschrift des Depots Hoheneck bekam ich szt. von Frl. Hirsch ausgehändigt (Frühsommer 45), in meinen eigenen Akten findet sich leider nichts mehr davon, da wie gesagt diese nicht mehr vollständig sind. Es müsste denn sein, dass sich in den angebräunten Aktenstücken noch etwas diesbezl. eruieren lässt, welche in den zwei Kisten sich befinden, die in obigen Zeilen unter IV. Bunker Paniersplatz aufgeführt sind. Schon darum läge mir an der allerbaldigst möglichen Freimachung dieser 2 Kisten sehr gelegen.

Nochmals verbindlich grüssend mit freundlichem Dank // Ihr sehr ergebener // [handschriftl.] Rück

Falls sich die Kiste W. R. 120 als gestohlen erweist, gebe ich die für die Identifizierung des Tafelsilbers notwendigen Angaben: Fabrikat, Chippendaleform, alle Messehefte ausgelaufen benötigen Neueingiessen, wozu ein Juwelier erforderlich ist".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1946,03,01
Schreibort
Nürnberg
Erwähnte Objekte
Kjamani
erwähnt als
Bestandsobjekt(e)
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Transport Musikinstrument(e)
erwähnt im Zusammenhang
Eigentümer(in) Musikinstrument(e)
erwähnt im Zusammenhang
Auslagerung