NL Rück, I, C-0873c

"Lieber Herr Dr. Rück!

Sie fragen mich nach dem 'historischen Cembaloton'. So will ich Ihnen doch gleich einmal meine Meinung darüber sagen:

'Der historische Cembaloton' ist kein geschichtlicher Allgemeinbegriff, er kann sich nur auf bestimmte einzelne historische Instrumente oder Instrumentengruppen beziehen, z. B. auf Silbermann -, auf Ruckers-Cembali, oder auf italienische oder französische usw. Cembali des 17. oder 18. Jahrhunderts. Allgemeingenommen ist nämlich der Cembaloton nicht geschichtlich bedingt, sondern durch das Material der Klangerzeuger und die Art der Klangerzeugung, soweit sie allen Cembali, den historischen wie den nichthistorischen, gemein ist. Geschichtlich, sind vielmehr die durch die Wandlungen des Klangideals bedingten verschiedenen Ausprägungen dieses ungeschichtlichen allgemeinen Cembalotons. Das werden Sie z. B. auch in dem Büchlein "Das Cembalo" von Hanns Neupert [Neupert 1933] bestätigt finden, wo Sie auf den Seiten 35, 37 und 39 etwa die verschiedenen, 'Cembalotöne' der niederländischen Cembali der Ruckers, der englischen Harpsichords des 18. Jahrhunderts und der französischen dieser Zeit charakterisiert finden. Daß übrigens beim Nachbauen historischer Instrumente deren 'historischer Ton' nie völlig getroffen wird, ist eine Erfahrungstatsache, die z. B. die Geigenbauer längst und immer wieder machen und die durch den neuen Cembalobau nur bestätigt wird.

Mit herzlichen Grüßen und // Heil Hitler! // Ihr // Dr.Steglich."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1936,07,09
Schreibort
Erlangen
Erwähnte Objekte
erwähnt als
Klang
erwähnte Personen
Literaturreferenz
Neupert 1933