NL Rück, I, C-0873c

"'Der historische Cembaloton' ist nichts ein für allemal Feststehendes, denn der Ton des Cembalos wandelt sich im Laufe der Geschichte - wie auch der Ton anderer Instrumente - gemäss dem Wandel des Klangideals, und er erscheint überdies in mannigfachen charakteristischen Ausprägungen je nach der nationalen und persönlichen Eigenart, die ihn geformt hat. So ist etwa der Ton eines Silbermann-Cembalos verschieden von dem eines Ruckers-Instruments, der Ton eines englischen Harpsichords verschieden von dem eines französischen oder italienischen Instruments der gleichen Zeit. Es gibt also keinen allgemein historischen Cembaloton, sondern nur den historischen Ton eines bestimmten Cembalo-Typus oder eines bestimmten einzelnen Instruments. Was allen Cembalo-Typen gemeinsam ist, das ist der nicht an geschichtliche Verhältnisse gebundene allgemeine sozusagen materielle Charakter des Klanges mit Cembalomechanik angerissener Metallsaiten. Diesen allgemeinen Cembaloton haben die historischen wie auch die modernen, neugebauten Instrumente, er ist also nicht lediglich historisch, Uebrigens ist jeder historische Cembaloton auch durch noch so sorgfältiges Nachbauen alter Cembali erfahrungsgemäss nie völlig zu erreichen, ebensowenig, wie es den Geigenbauern gelungen ist, den Ton der Amati, Guarnieri, Stradivari in ihre neuen Instrumente hineinzuzaubern. // Prof. Dr. R. Steglich."

[Korrigierte Fassung des sich als zweites Digitalisat in der Anlage befindenen Schreibens.]

 

Absender/Urheber Person
Datum
1936,07,15
Schreibort
Erlangen