NL Rück, I, C-0873b

"Lieber Herr Professor Steglich!

Ihren lieben Brief dankend gestern erhalten, wir erwarteten ihn mit Schmerzen, denn wir wussten gar nicht, was los sei. Vor allem freut es uns, dass Ihre Frau auf dem Wege der Gesundung ist, Bitte geben Sie ihr beiliegende Karte.

Nun ists also doch noch etwas mit der Redaktion der neuen Zeitschrift geworden! Hoffentlich trägt das auch etwas, nicht blos "Ehren". Von denen man sich keinen Kreuzerweck kaufen kann!

Wer sind denn die Herren des neuen Reichsinstituts für Musikwissenschaft, ist da auch Becking dabei?

Schultz erhielt offenbar seine Devisen für Wien, denn er ist dort seit verg. Woche. So müssten die Ihren auch allmählich kommen. Bitte informieren Sie Boller, denn der Mann weiss ja sonst wirklich nicht mehr, was eigentlich los ist und schreiben Sie ihm, dass die Devisen bis dato nicht zugeteilt wurde. Dass Ihre Frau krank, schrieb ich ihm bereits. Vertagen Sie eben die Schweizer Reise auf später: auslassen dürfen Sie sie keinesfalls! Die Beziehungen sind zu wertvoll.

Ueber was lesen Sie im neuen Semester? Aktuell wäre Wagner, Parsifal etc. Irgendwer erzählte mir, dass er darüber las und grossen Zuspruch bekam.

Wie weit sind eigentlich die Vorbereitungen für den Fränkischen Abend bei Gebhard gediehen? Ich höre diesbezl. gar nichts. Vielleicht fragen Sie einmal bei ihm nach, denn allmählich müssen wir uns dahinter setzen. Sobald wir zurück sind. Wir dürften in der 1. Novemberhälfte zurück kommen. Es kann sein, dass wir noch auf ein paar Tage nach Jugoslavien fahren aus geschäftl. Gründen (nichts historisches).

Hoffentlich geht die schwebende Angelegenheit mit den S&SFlügel positiv hinaus, bitte stellen Sie Sich auf die Hinterfüsse, auch Ihr Institut muss sein Material verjüngen! Das können Sie ruhig in die Wagschale werfen, denn es ist so.

Bitte teilen Sie uns noch hierher kurz per Karte mit, ob der Klaviermacher Schanz für Haydn tätig war, und wenn Sie nähere Angaben über seine Flügel hätten, wäre es mir erwünscht. Ich will doch in Wien nach einem solchen Flügel forschen lassen, ist überhaupt einer bisher bekannt?

War eigentlich Dupont nunmehr bei Ihnen? Auch bei uns macht er sich sehr selten und ist -vertraulich nur unter uns!- sehr schüchtern im Bezahlen seiner Raten. Man muss ihn immer wieder mahnen.

Der Kielflügel (wirklich bekielt) Graebner [MIR1079] geht seiner Vollendung entgegen und dürfte in Bälde abgehen. Dann kommt noch ein Hubert-Clavichord, ein Hofmann-Ansbach Hammerklavier [möglicherweise MIR1109], ein engl. Hammerklavier und ein Tangentenflügel [MIR1094 oder 1095]: dann werden die Reparaturen einmal auf einige Zeit unterbrochen. Weil der Draht dazu bedenklich kürzer geworden ist.

Sind unter den Herren Professoren keine Klavierbedürftigen? Herr Haid sucht mit Schmerzen neue zahlungskräftige Kunden. Die Monate Juli mit September waren denn auch verheerend schwach im Umsatz! Alles hatte nur Interesse für den Urlaub, und wie die Leute heim kamen, hatten sie noch weniger Geld wie vor dem Urlaub.

Was machen Ihre "Studien auf dem Pedalflügel"? Und was haben Sie im neuen Semester an alter Musik vor zu machen? Das Orgala [MIR1017] wartet schmerzlich auf Betätigung! Wenn es zum Transport kommt, möge Herr Haid einen (nicht seinen) Personenwagen dazu abstellen: am besten jenen unseres Leibkutschers Heiner Mauerhoff, da der Herr Chauffeur auch gleich als Tramsporteur mit wirken kann. Auf einem gewöhnl. Lastwagen ists zu gefährlich, da er die Pfeifen Lösen könnte.

Die Marken auf dem Briefe sind aus der neuen "Bellini"-Serie für Seine Gnaden den HERRN Hausverwalter.

Wir konnten bis verg. Montag baden, dann kam ein saftiger Scirocco, der durch einen pfundigen Nordwind mit Regenböen abgelöst wurde. Heute scheint wieder die Sonne, es ist warm, nur ein Donnerkeil rumort über dem Meere. Nachmittags gehen wir an den Strand. Wir nahmen bisher 24 kalte Meerbäder und zehn warme, die unserem Corpus gut taten. Man erholt sich hier wirklich- und wir konnten es brauch[e]n! Die Monate ab Mai waren doch sehr anstrengend, das merkten wir erst im September. Auch am Grundlsee erholten wir uns, ein ganz entzückender Platz.

Nun ist der Neue Kritiker auch bestellt, von Hannover kommt der Herr und ist Beckingschüler. Haid deutete an, dass die Stelle finanziell scheinbar ziemlich geschnitten wurde. Mangelt also auch dort Geld im Sack. Wir würden grössten wert darauf legen, mit dem Herrn in eine enge Fühlung zu kommen, und zwar baldigst nach seiner Ankunft in Nürnberg. Er soll sehr viel Interesse für alte Musik mitbringen und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ihn bei uns führen möchten und bei uns einführen, falls wir noch nicht zurück sind. Denn wir zweifeln nicht, dass auch "von anderer Seite" alle Register zu ziehen man sich krä[f]tigst bemüht [gemeint ist die Firma Neupert]. Wir weinen seinem Vorgänger keine Träne nach, schon rein gar nicht. Seine Gnadensonne schien mehr, ja man übertreibt nicht, wenn man sagt, schon viel mehr auf der Sebalder Stadtseite denn auf der Lorenzer! Becking sagte, dass Kötter von Ihnen jederzeit Artikel aufzunehmen gewillt sei. Wie wäre es mit einer Serie über unsere alten Instrumente? Ueber das Instrumentarium bei St. Sebald ist ja die Leserschaft des Kurier bereits von früher her informiert. Bitte überlegen Sie das und besprechen Sie es gegebenefalls mit Dr. Heller. Er möchte ja, wie mir Becking schrieb, enge und gute Beziehungen zu Ihnen unterhalten. Da wäre eine Art Arbeitsgemeinschaft zwischen Ihnen, ihm und uns als lediglich Zuhörendem doch für die musikalischen Interessen Frankens sicher fruchtbar. Darf ich diese Idee hiermit Ihnen ergebenst in Vorschlag bringen? Und um wohlwollende Prüfung bitten?

Die Schrift von Bodky [Bodky 1932] geht also an Frl. Gretl Kraus, Cembalistin, Wien XI Reichgasse Nr. 38. Vielen Dank für die Bosorgung. Ihre Studie über die Flügel [möglicherweise Vorabdruck von Steglich 1936] findet überall begeisterte Zustimmung und Becking sagte mir auch, sie sei sehr gut in Form und Inhalt.

Für heute Schluss und viele herzliche Grüsse von // Ihren Brüdern".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1935,10,24
Schreibort
Grado
Erwähnte Objekte
Zweimanualiges Cembalo
Tasteninstrumente
erwähnt als
Restaurierung
Bundfreies Klavichord
Tasteninstrumente
erwähnt als
Restaurierung
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnt als
Restaurierung
Orgelpositiv
Tasteninstrumente
erwähnt als
Transport
Konzert
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Mitglied(er)
erwähnt im Zusammenhang
Werbung
erwähnt im Zusammenhang
Mitarbeiter(in)
erwähnt im Zusammenhang
Werbung
Literaturreferenz
Bodky 1932