NL Rück, I, C-0873b

"Lieber Herr Professor Steglich!

Soeben trifft Ihr Klagelied von 11.4. (18.4.) ein. Mir tuts leid, dass Sie Sich wegen dieser Geschichte so erregen. Sie überschätzen m.E. den Umfang und die Bedeutung der Schweizerischen Musikzeitung ein wenig viel! Sie hat nämlich nur ganze 1800 Abonnenten und ist eine Privatliebhaberei des Herrn Adolf Hug senior, der jährlich - vertraulich bitte!- 10 000 Franken aus seinem Privatkonto dazu bezahlt.

Also gar so weit verbreitet ist das Blatt sicher nicht. Und in der durch und durch demokratischen Schweiz fässt man meiner Kenntnis nach solche Angelegenheiten ganz anders auf als bei uns.

Am leidesten aber will mir tun, dass Sie auf Ihr Honorar verzichten wollen. Dazu sehe ich nun persönlich keinen Grund ein, denn für die Reihenfolge der Artikel sind doch Sie keinesfalls verantwortlich. Nachdem auch der alte Moser für die Zeitschrift schrieb, und sicher auch nicht honoris causa, dürfte meines Erachtens für Sie kein Grund bestehen, auf Ihr Honorar - das noch dazu sauer verdient ist - zu gunsten einer bei dieser Sache gänzlich unbeteiligten Stelle zu verzichten. Wenn Sie später dieser Stelle [Erlangen, NS-Kulturgemeinde] davon etwas zuweisen wollen, können Sie sich das doch immer noch reiflich überlegen.

Nehmen Sie mir bitte nicht übel, wenn ich diese Ansichten hier entwickle, aber ich glaube, Ihnen damit einen Dienst zu erweisen. Aber da ich letzten Ende[s] Laie bin, steht natürlich der Entscheid Ihnen zu. Doch würde ich immerhin einmal darüber schlafen.

Mir persönlich gehts zwar besser, aber die Temperatur will nicht herunter, früh immer noch gegen 37, abends gegen 37,8. Ich habe mich hierher bis Mitte nächster Woche zurückgezogen und hoffe, dass der Luftwechsel der Bronchitis auf den Leib rückt (schönes Deutsch, wie?).

Wie gehts Ihrer Frau? Ich wünsche ihr gute Besserung.

Feiern Sie ein gutes schönes Osterfest mit den Ihrigen und seien herzlichst gegrüsst von // Ihren beiden // Brüdern".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1935,04,20
Schreibort
München
Literaturreferenz
Steglich 1935b