"Lieber Herr Dr. Rück!
Schönsten Dank für die Herbeförderung des Pedalflügels [MIR1127] und für die während der Zeit seines Hierseins meinem Klavichord [möglicherweise Erlangen, N 5] gewährte Unterkunft! Der Transport ist gut verlaufen. Nur scheint die Pedaldämpfung nicht ganz zu funktionieren, da immer der höhere Halbton einen Augenblick nachklingt, nachdem die Taste losgelassen ist. Das läßt sich gewiß noch ändern, ehe ich das Instrument einmal in einer Aufführung vorexerziere.
Die Sache mit Behr [Beer?] ist mir neu. Sollte es sich wirklich um den Erlanger Dr. B. handeln? Es laufen vielleicht in Nürnberg noch mehr dieses Namens herum.
Gern spräche ich mit Ihnen über die K-Angelegenheit [steht für den Fränkischen Kurier oder dessen Chefredakteur Rudolf Kötter]. Aber ist die Zeit Ihres Aufenthalts mit dem Eilzug doch nicht allzukurz? Nach meinem Fahrplan kommt der Zug hier 1639 an und fährt 1641 wieder weiter. Das sind ganze 2 Minuten Aufenthalt. Die sind vielleicht schon nötig, um bei größerer Länge des Zuges, die zu Ferienbeginn sehr wahrscheinlich ist, an das Fenster zu gelangen, aus dem Sie herausgucken, und dann hört die gesamte Umwelt, was man sich da zu erzählen hat. Wie wär's, wenn Sie in Nürnberg schon mit dem tadellos fix fahrenden Zug 1301 abfahren? Der ist 1530 hier. Wir haben dann über eine Stunde Zeit, bis Sie 1641 in den Eilzug steigen. Da können wir uns gleich im Bahnhofrestaurant oder bei einer Tasse tf Kaffee im Kaiserhof über allerlei schwebende Probleme gut unterhalten.
Herr Oberlehrer Schrüfer in Pottenstein hat ja ganz aparte alte Sachen! Ich werde mir die alte Klavierschule mit Vergnügen durchsehen und hoffe etwas für gelegentliche Aufführungen auf Orgel, Cembalo oder Klavichord dabei herauszupicken.
Wegen des Limmert-Flügels [Erlangen, Hammerflügel Louis Dulcken] bin ich mir schon lange im Klaren, daß er in den Seminarraum zu den andern Instrumenten nicht hineingeht und daß er in der Aula, wo vorn zwischen Podium und Stuhlreihen noch Platz wäre, seines Lebens leider nicht sicher ist, da es leicht vorkommen kann, daß sich ein oder einige Kommilitonen während der theologischen und juristischen Vorlesungen, die hin und wieder aushilfsweise dort stattfinden, daraufsetzen. Wenn auch sonst manches dafür spricht, den Flügel in den Seminarräumen einzulagern, muß man unter sotanen Verhältnissen doch zu dem Schluß kommen, daß man besser davon absieht, solange die Raumverhältnisse nicht vorteilhafter werden.
Ich sitze diese Tage von früh bis Abend über meinem JohannChristianBach-Denkmälerband. Das Notenmanuskript ist GottseiDank vorgestern schon abgegangen, mit Vorwort und Revisionsbericht aber hab ich noch bis Freitag, vielleicht sogar Samstag vormittag zu tun. Dann wäre wieder etwas erledigt, was mir die ganze Zeit auf der Seele lag. Und es wird Zeit für anderes, was auch schon längere Zeit da liegt, so Ihre alten Notenmanuskripte, die englische Viola pomposa-Sache, eine Menge Buchbesprechungen usw usw - es reißt nicht ab. Aber ein bißchen verschnaufen muß ich mit der Zeit auch mal.
Für die Sache bei Neupert am Dienstag abend hatte ich ein Einladungsprogramm bekommen. Da es aber von dem Musikbolschewisten Sp.[illing] hauptsächlich bestritten wurde, hatte ich keinen Anlaß, hinzugehen. Gestern las ich im Kurier, daß die N'sche Sammlung als die größte Instrumentensammlung überhaupt hingestellt wurde. Das ist denn doch ein bißchen viel!
Wann kommen Sie von Jena wieder?
Herzliche Grüße Ihnen beiden // Ihr // [handschriftl.] RudolfSteglich."