Handschriftl. Anm. über der Adresse: "Über Schanz (Haydns Klaviermacher) nähere Angaben erwünscht!"
"Liebe Herren Rück!
Mit Schrecken sehe ich eben, daß Ihre letzte Postkarte schon vom 8. d. M. ist, daß ich Sie also wieder einmal ungebührlich habe warten lasse. Scusi, scusi, Signori! Ich war damals gerade von Gößweinstein zurückgekommen, wo ich zehn Tage - eine verfl. kurze Zeit! - ein bißchen zur Erholung gewesen war, und fand da zuhause einen Haufen Sachen vor - immer noch nicht war die Sache mit meinem Reichsmusikdenkmalband ganz ins Reine gekommen. Heute, sage und schreibe heute erst bekam ich Nachricht, daß der Druckbefehl erteilt wird. Es war eine eklige Schreiberei und Korrekturenschickerei hin und her, bis endlich alles so weit war. Das kommt daher, weil an diesem Band auch alles, was zur Ausstattung gehört, Papier
Einband, Titelei usw. erstmalig ausprobiert wurde, weil er nämlich von den ersten drei Bänden, die zugleich erscheinen sollen, zuerst im Satz fertig war. Na, Sie wissen ja selber, was es heißt, so eine Drucksache, die einen besseren Eindruck machen soll, hier sozusagen den Kulturwillen des Reiches repräsentieren, soweit zu kriegen, das alles in Ordnung ist. Kommt dazu, daß hier die Verhandlungen zwischen Heidelberg,
Leipzig und Erlangen, ja sogar noch Hannover, wo der Verleger sitzt, hin und her gingen. Gott sei Dank, daß diese Sache unter Dach ist. Ich erzähle Ihnen das so ausführlich, weil ich eben deshalb in dieser ganzen Zeit angebunden war. Und deshalb bin ich auch nur nach Gößweinstein gegangen, um im Notfall gleich zur Hand zu sein. Eben weil es sich um eine Unternehmung des neuen Reichsinstituts für Musikwissenschaft handelt. konnte ich nicht gut fünfe grade sein lassen und ausgerechnet in diesen Wochen der Schlußverhandlungen in die Schweiz abdampfen. [Handschriftl. Anm.: Übrigens habe ich bis heute keinen Devisenbescheid bekommen!] Das setze ich auch - in etwas kürzerer Fassung - Herrn Boller auseinander. Freilich ist mir's sehr schmerzlich, das jetzt aus der so verlockenden und gewiß in vieler Hinsicht ersprießlichen Schweizer Reise nichts geworden ist. Ich versuche, dieses Mißgeschick mit Würde zu tragen, wenn's auch schwer fällt.
Die beiden Fahrscheinhefte habe ich auf Anweisung des Verkehrsbüros im NürnbergerHaupt Verkehrsbüros im Nürnberger Hauptbahnhof nach Berlin ins Mitteleuropäische Reisebüro zur Rückerstattung der Beträge geschickt eingeschrieben natürlich. Vorläufig ist noch keine Antwort erfolgt.
Das aus der Henfenfelder Serenade in diesem Herbst nichts geworden ist, tut mir außerordentlich leid. Herr Doßler hatte den 20. oder 27. Oktober vorgeschlagen - das war etwa am 24. September gewesen. Dann aber hat er sich eines andern besonnen und "wegen vorgeschrittener Jahreszeit" abgesagt. Nun, etwas kühl wär's ja um diese Jahreszeit gewiß gewesen. Hoffen wir auf eine um so bessere Gelegenheit im nächsten Frühsommer! Durch die viele Schreiberei, die die Vorbereitungsarbeiten für die am 20. Sept. mir übertragene neue Vierteljahrsschrift des neuen Reichsinstituts nötig machen, dazu durch das Zusammenbauen des Schütz-Bach-Händel-Vortrags für die Nürnberg welcher Vortrag vor minimalen Publikum gestern im Schauspielhaus gestiegen ist (gleichzeitig Umzug der ganzen Bevölkerung zur Feier des Beginns des Winterhilfswerks, also ein sehr geeigneter Vortragstermin!), durch alle diese Sachen bin ich noch gar nicht recht zur Besinnung darüber gekommen, daß demnächst das neue Semester anfängt. Über dem allen hab ich auch - wiederum scusi, Signori!- die Bestellung der vier unarischen Remittendenexemplare [Bodky 1932] von Hesse verschwitzt, was mir eben bei der Lektüre Ihrer Karte unangenehmst zum Bewußtsein kommt. Hesse wird sofort benachrichtigt, und der Versand des einen Exemplars an Frl. Gretl in Wien sofort nach Eintreffen bewirkt.
Die Sache des St&S-Flügels [Steinway & Sons] wird bei Semesterbeginn - in 14 Tagen - in das Stadium des wie ich annehme günstig auslaufenden Endkampfs treten.
Meine Frau ist zwar noch in der Klinik, aber sehr auf dem Wege der Gesundung.
Und wie gehts Ihnen? Hoffentlich allerseits gut. Wann sieht man Sie in der alten "Noris" - wie die Nürnberger sagen, wenn sie historisch-poetisch werden - wieder???
Herzliche Grüße und weitere gute Erholung! // Ihr // [handschriftl.] RudolfSteglich."