Adress-Stempel: "Dr. Georg Kinsky // 1 Berlin-Mahlsdorf // Hamburger Straße 5".
"Lieber Herr Dr. Rück,
Meine Reise nach der Schweiz ist in jeder (materieller und ideeller) Hinsicht sehr erfolgreich verlaufen. Die Schweiz ist wirklich eine Oase in der Wüste Europa, und ich habe große Mühe, mich nach den dort verlebten schönen und sorglosen Wochen mich wieder in die beengten Verhältnisse Berlins (und zumal der sowjetischen Zone) einzugewöhnen. – – Bei meiner Rückkehr am 15. habe ich hier so viel Arbeit und Briefschaften vorgefunden, daß ich noch tagelang zu tun habe, auch nur den dringendsten Briefverpflichtungen nachzukommen. Ich darf daher wohl auf Ihre Nachsicht rechnen, wenn ich Ihnen erst jetzt heute schreibe und Ihnen über die mir erteilten Aufträge kurz berichte!
1) Die Adresse des Herrn // Antony van Hoboken ist: // Lausanne, 44 Avenne Marc Dufour.
Er ist wegen der Arbeiten an seinem Haydn-Katalog viel auf Reisen. Er kam mich bei meinen Gastgebern (Floersheims in Wildegg) am 17.IX besuchen, da wir allerlei zu besprechen hatten. Leider war ich nicht unterrichtet, welche Auskunft Sie von ihm wegen seines Cembalos haben wollten, sonst hätte ich ihn danach fragen können.
2) In Zürich war ich 2 x und habe auch bei Hug & Co. vorgesprochen. Ihre Bestellung sämtlicher Viole d'amour-Arrangements von L. van Waefelghem (Paris, Durand & Co.) habe ich aufgegeben; Sie werden von Hugs darüber direkten Bescheid erhalten. Leider bleibt zu befürchten, daß die Sache vielleicht an der ungeklärten Devisenlage (bzw. -verrechnung) scheitern könne. Doch vesprach mir der Vertreter des Geschäftsführers sein Möglichstes zu tun, Ihnen zu den gewünschten Musikalien zu verhelften.
3) Eisels 'Musikus [griechisch] autodidaktos' (1738) ist in der Berliner Staatsbibliothek vorhanden. Ich habe mir dieser Tage das Exemplar angesehen. Einschlließlich der 16 Einschalttafeln (meist Grifftabellen für Blasinstrumente) beträgt der Gesamtumfang 130 Seiten. Die Fotokopiekosten würden demnach (1 Seite = -.60 Ostmark) 78 Mark, 4 Exemplaren also 312.- M betragen. Schreiben Sie mir bitte, ob Sie 4 Fotokopien zu haben wünschen - ferner, wie die Regelung des Rechnungsbetrages erfolgen soll.
(Leider bin ich finanziell nicht mehr in der Lage, den Betrag auszulegen; doch würde ich dann selbstverständlich die mir frdl. geliehenen 20.- Westmark damit verrechnen. Der jetzige Kurs beträgt m. W. c. 5,60-5.80 Ostmark für 1 Westmark.
Soviel für heute! Mit nochmaligem Dank für die gastfreundliche Aufnahme am 31.VIII und beste Grüße (auch an Frl. Luise [Weigand] und Herrn [Hugo] Haiden)
Ihr alter // G. Kinsky".