NL Rück, I, C-0444f

"Liebe Herren Rück,

Vielen Dank für die Uebersetzung von Galpins Aufsatz über die Viola pomposa [Music & letters 1931]! Ich habe keine Veranlassung, meinen ablehnenden Standpunkt in dieser Streitfrage zu ändern, da mir die Folgerungen, die Galpin aus den Stücken von Telemann und der Sonata von Lidarti über die Stimmung des Instruments zieht, zu gesucht erscheinen und mit den Quellenberichten unvereinbar sind. - Wie steht es mit Ihrer Prager Viola pomposa? Hat sie jetzt den richtigen Bezug mit übersponnenen Saiten und wie ist der klangliche Befund?

Das mitgesandte Programm des dortigen 'Collegium musicum' hat mich sehr interessiert - besonders auch wegen des Nanette Streicher'schen 'Patent-Pfte. [Pianoforte]' als Beethovenflügel. Das Instrument wird doch sicherlich recht gut geklungen haben.

Meine 'Entdeckung' betreffs Hans Frei besteht darin, daß ein Lautenmacher dieses Namens gegen Ende des 16. Jahrhunderts in Bologna ansässig war, wie es auch in E.G. Barons Quellenwerk über die Laute (Nürnberg 1727) angegeben ist; dort allerdings mit falscher und zu früher Zeitansetzung (wie im Falle des dortigen Meister Laux Maller). Den Beweis liefert eine sicherlich echte Theorbe am Museo civico zu Bologna mit der Jahreszahl 1597. Demzufolge sind auch die anderen Hans Frei-Lauten in Wien (Nr. 33 u. 34 in Schloßers Katalog) und im musikhist. Museum Stockholm (Nr. 106), deren Schreibzettel genau übereinstimmen, diesem Bologneser Meister zuzuschreiben; mit Dürers Schwigervater, der bereits 1523 gestorben ist, haben sie also nichts zu tun. Ueberdies ist von letzerem in den alten Quellenberichten nirgends erwähnt, daß er überhaupt den Lautenbau betrieben habe, sondern nur, daß er ein berühmter Harfenschläger gewesen sei. - Mein kleiner Aufsatz über das Thema wird in der 'Svensk Tidskrift för Musikforskning' erscheinen, leider aber erst im Dezember d. J., da die Zeitschrift jetzt nur als Jahrbuch herauskommt.

Mit Dr. Norlind stehe ich seit diesem Monat in anregendem Briefwechsel. Haben Sie sein Büchlein 'En bok om Musikinstrument' (1928)? Es enthält viele gute Abbildungen von Instrumenten des Stockholmer Museums.

Zu Ihrem automat. Oktavvirginal [MIR1223] von Samuel Bidermann fand ich folgenden Hinweis in der 'Abbildung der gemein-nützlichen Hauptstände' von Christof Weigel (Regensburg 1698, S. 227): 'Spinett einfache und gedoppelte Instrumente / ... welche, durch besondere Griffe, von sich selbst gewisse Lieder, Täntze und Harmonien spielen, dergleichen sonderlich zu Augspurg in Nähe-Küsse (= Küssen) / Schreib-Tische / Kästgen und allerhand zierliches Schreiner-Werk verstecket / verfertiget / und durch die gantze Welt weit und breit verschicket werden.' (Vielleicht ist Ihnen diese Stelle bereits bekannt!)

Mir geht es sonst unverändert, d.h. also recht schlecht; ich habe kaum die Miete für den nächsten Monat beisammen ... Für Vermittlung irgendwelcher Arbeit wäre ich daher sehr dankbar!

Mit besten Grüßen // Ihr stets ergebener // Dr. G. Kinsky".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1936,01,29
Schreibort
Köln
Erwähnte Objekte
Viola pomposa
Streichinstrumente
erwähnt als
Bestandsobjekt(e)
Automatenoktavvirginal
Tasteninstrumente
erwähnt als
Detailinformation(en)
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Sammlungsbestand
Vergleichsobjekt(e)
erwähnt im Zusammenhang
Sammlungsbestand
Vergleichsobjekt(e)
erwähnt im Zusammenhang
Kontaktinstitution
Literaturreferenz
Music & Letters 1931
Schlosser 1922
Norlind 1928