NL Rück, I, C-0570i

"Lieber Herr Marx!

Anliegend die versprochene Aufstellung für Ihre Steuer soweit in diesem Jahr Beträge angefallen sind. Ich habe sie noch vor meiner Abreise auf Ihren Wunsch herausgemacht. Die Anregungen Ihres Briefes berücksichtigt.

Das Aufrauhen der Hämmer wird Käser im Bass an ein paar Tönen probieren. Der Flügel braucht halt das Neubeledern. Doch für den einen Mozartabend wird es noch gehen und dann wird er sowieso nicht mehr vermietet.

Am Donnerstag soll ich einen eigenen Waggon für die bisher gepackten 16 Kisten bekommen. Hoffen wir, dass es klappt, dann ist der Hauptteil der Sammlung mit den wertvollsten Sachen weg. Den Rest will ich mit Haber in einem Lastwagentransport erledigen. Das Verpacken hat mir viel Arbeit gebracht und viel Ärger. Ich bin froh, wenn die Sammlung unter Dach und Fach ist und das Wiederaufstellen wird mir wahrscheinlich schon gar nicht
eilen. Abgesehen davon, dass leider noch nicht Kriegsende ist.

In der Klavierfabrikation sieht es trostlos aus. Blüthner verzapfte wieder eines seiner berühmten Rundschreiben mit schönen Worten und keinen Klavieren. Praktisch werden nur noch Behördenaufträge von Steinway und Bechstein durchgeführt, alle übrigen haben abgesagt, so dass ich nicht weiss, wie nächstes Jahr der Geschäftsbetrieb weitergehen soll. Zum Glück haben wir einen gewissen Umsatz aufgestaut, um daraus wenigstens die Spesen decken zu können. Nehmen wir einstweilen zur Beruhigung an, dass der Krieg im kommenden Jahr sein Ende findet.

Ich habe die Auswahl der noch zu verpackenden Instrumente so getroffen, dass ich das 2-manualige Gräbner-Cembalo noch hier lasse, weil ich doch die stille Hoffnung habe, dass mein guter Herr Marx mich in den nächsten Monaten einmal wieder mit seinem Besuch erfreut: wir beschlossen doch vor einiger Zeit, in diesem Cembalo die Dockenleisten und ich glaube, auch die Docken zu erneuern. Wenn nun eine solche Arbeit schon in Leipzig vorgearbeitet werden könnte, bitte ich Sie freundlich, Herrn Käser zu schreiben, was er Ihnen schicken soll.

Wegen des Birnbaumholzes wenden Sie sich am besten an

Herrn Direktor Anton Dütz, Liegnitz Schlesien, Schubertstr. 15.

mit der Bitte, Ihnen das Holz zu schicken auf meine Rechnung. Ich informierte Dütz in meinem heutigen Brief.

Wirbel können Sie in Zukunft auch bestellen bei der Firma Carl August Schuster, z.Hd. Herrn Becker, Markneukirchen/Sachsen.

Wir wollen einmal dort die nächste Wirbellieferung unterbringen, um zu sehen, wie dieser arbeitet. Becker war früher Angestellter bei Zimmermann und belieferte mich schon mehrmals sehr anständig und billig, ohne dass Zimmermann es weiss!

Die Leibbrand-Instrumente sind nun fast restlos in die Vitrinen in Ta 24 eingereiht und ich bin dabei, die neue Kriegssammlung aus fast durchwegs unreparierten Instrumenten aufzubauen. Denn ich möchte den Museumsbetrieb nicht einschlafen lassen.

Mein Weihnachtspackerl sende ich Ihnen schon nächster Tage, da ich nicht die Weihnachtszeit abwarten will. Ein Hase wird noch nachfolgen. Dem Weihnachtspackerl packe ich ein paar Poschetten bei, über die wir schon sprachen: bei der einen fehlt der Fächer, die zweite ist nur zu beziehen und an der dritten, der Hummel-Nürnberg 1597, wären die Wirbel zu richten. Diese kleinen Instrumentchen belasten Sie ja nicht im Platz.

Dies wären alle Neuigkeiten. Hauptsache, dass am Mittwoch die Waggonverladung klappt. Inzwischen allerherzlichste und liebe Grüsse // von Ihrem".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1941,12,01
Schreibort
Nürnberg