NL Rück, I, C-0570i

"Mein lieber Herr Marx!

Ihre lieben Briefe vom 1. und 6.3. erhielt ich mit vielem Dank. Ich und Luise freuten sich herzlichst, dass Sie an Ihrem Ehrentage so viele Aufmerksamkeiten erwiesen bekamen. Sie haben das reichlich sich in den langen Jahren auch verdient. Ich wollte zwar ursprünglich selbst kommen, aber da es von hier doch sehr weit ist sandte ich Ihnen den Hugo. Lassen Sie sich die "Langen" nur recht gut schmecken. Auch danke ich Ihnen für die lieben Kartengrüsse aus dem Siechenbräu. Ganz besonders erfreute es mich, dass Ihr Knie wieder gut ist.

Ich bin mit Luise hier seit eineinhalb Wochen und werde täglich massiert: hoffentlich mit dem gewünschten Erfolge.

Nach Röslau sandte ich die Stahldrahtproben zurück und wies an, die Drähte nach dem von Ihnen bezeichneten Muster zu fertigen.

Bitte schreiben Sie an Hugo, er soll die Längenproben durch Käser machen lassen, denn zum Selberspinnen haben wir keine Zeit. Inzwischen meldete sich auch Freund Kreutz: der Saitenzug bezw. Druck bezw. die Spannung ist mathematisch ganz gleich, ob es sich um weiche oder harte Saiten handelt. In der Formel der Schwingungszahl (Tonhöhe) einer Saite hängt mit dem Material nur zusammen die "Masse der Längeneinheit" der Saite. Diese Masse ist wiederum vom spezifischen Gewichte des Materiales abhängig. Da dieses aber bei Eisen und Stahl nur zwischen 6,6 und 7,8 schwankt, kann man bei Zugberechnungen diese Abweichungen ausser Acht lassen. Daraus geht hervor, dass wir den Bass ruhig mit hartem Kerndraht spinnen lassen können, und endgültig auch spinnen! Somit können Sie bei Langhammer also die Saiten spinnen lassen, und ich bin dafür, das baldigst zu tun, damit nicht schliesslich noch Langhammer still gelegt wird!! Man weiss nichts Gewisses, was alles passieren kann.

Kreutz schreibt auch: die heutige Kupferdrahtnummerierung stimmt noch überein mit der Nummerierung der Wiener Flügel bis etwa 1830. Weiter: Die französischen Drahtnummern stimmen mit den deutschen in der Stärke nicht überein: deshalb stimmte es weder bei Pape noch bei Erardl! Auch unter den verschd. deutschen Fabrikaten gabs früher Abweichungen.

In Salzburg expertisierte ich zehn Instrumente des Museums, Mozarts Vaters Wohnhaus kauft die Stiftung und da hinein sollen sie kommen: eine Idee, die ich früher mit Hofrat Gehmacher/Salzburg als erster aufwarf.

Maendler hat einen Wiener Flügel, wohl der Nach!Mozartzeit von etwa 1795 bis vor 1800, wahrschl. ein Hofmann: an diesem reissen im Bass die Messingsaiten, wenn er auf Normal A gezogen wird, etwas tiefer halten sie noch. Ich sende Ihnen anbei die Bezugsstärken und Mensuren: wissen Sie Rat, was Maendler probieren könnte, dass der Messingbass hält? Ich lege die Tabelle bei und bitte Sie freundlich um Rückgabe.

Hier wars anfangs schön, seit 3 Tagen weht ein eisiger, sehr unangenehmer Nordost. Berlin hatte unerwünschten Besuch, hoffentlich Sie nicht - Indessen viele freundliche Grüsse von Ihrem // [handschriftl.] Dr. Rück.

Orgelbauer Fritz
Hertel Salzburg sendet Ihnen eine defekte Orgelklaviatur zu 3 Oktaven insgesamt: darin fehlen Tasten. Ich bitte Sie freundlich, die fehlenden Tasten neu zu machen und ihm dann die Tastatur wieder zu senden, denn sonst wird diese kleine Orgel auch 1941 von ihm nicht begonnen. Ich machte ihm Dampf in Salzburg. Eventuelle Rückfragen bitte direkt an ihn zu richten.: Salzburg - Gnigl, Neuhauserstrasse 32."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1941,03,14
Schreibort
Wien