"Sehr verehrter, lieber Herr Doktor,
Leider kann ich Ihren Auftrag nicht ausführen, da die von mir genannten Bücher Raritäten ersten Ranges sind und seit Jahren nicht mehr im Handel waren.
Bei den Antiquariaten anzufragen hat es deswegen gar keinen Sinn. Außerdem gibt es jetzt [in] Berlin gar keine Musikantiquariate mehr: Breslauer ist geschlossen und Liepmannssohn ist (weil nichtarisch) nach London übersiedelt.
Was Vogler anbelangt, so will ich Ihnen verraten (nur weil Sie's sind!), daß sein Stimmbuch fast wörtlich von einem anderen Autor abgeschrieben ist (auch die Bezugstabellen!). Das betreffende Werk heißt:
'Stimmbuch, oder vielmehr: Anweisung, wie jeder Liebhaber sein Clavierinstrument, sey es übrigens Saiten- oder ein Pfeifenwerk, selbst reparieren und [auch] stimmen könne. Zweyte, stark vermehrte, und mit Figuren begleitete Auflage. Von J.H.E. Nachersberg. Breslau und Leipzig 1804'
Ein Exemplar gibt es in Berlin, Signatur: FK 362 mus.
Das Buch von Thon heißt:
'Ueber Klavierinstrumente, deren Ankauf, Behandlung und Stimmung. Von Christian Friedrich Gottlieb Thon, Sondershausen 1817.' Exemplar in Berlin, Signatur: FK 45 mus.
Bei Nachersberg gibt es außer Bezugstabellen für Clavichorde und Cembali noch folgende Tabellen für Fortepiano's:
1) Bezug eines Fortepianos mit langer Oktave, im Cammerton (von F bis f''')
[Für die tabellarische Übersicht siehe Digitaisat.]
2) Bezug eines Fortepianos mit langer Octave (von F bis g''')
[Für die tabellarische Übersicht siehe Digitaisat.]
3) Bezug eines Fortepianos, welches von außen sechs Schuh lang ist (von A bis d''')
[Für die tabellarische Übersicht siehe Digitaisat.]
4) Bezug eines Mozartschen Flügelfortepianos (von F bis g''')
[Für die tabellarische Übersicht siehe Digitaisat.]
Beherzigen Sie sich noch gut das, was ich Ihnen in der Zusatzkarte über die Drahtnummern des Umspinnstdrahtes geschrieben habe.
Wenden Sie sich möglichst bald an eine Saitenspinnerei. Wenn Sie dann die Drahtstärken in mm. wissen, haben Sie den Schlüssel zur Entzifferung der obigen Bezugstabellen aus dem Anfang des 19. Jds. (vielleicht sogar auch früher).
Wie ich Ihnen schon schrieb, bin ich anderen Quellen auf der Spur. Eigentlich sollte ich Ihnen meine durch 'jüdischen Fleiß' erworbene Geheimnisse nur gegen gebratene Gockel austauschen und nicht einfach verschenken, aber es sei denn (nur weil Sie es sind!).
Über den Bezug der Hammerflügel findet man vielleicht [noch] etwas in dem folgenden Werklein, da[s] ich suche, aber bisher noch nicht finden konnte:
'Kurze Bemerkungen über das Spielen, Stimmen und Erhalten der Stein'schen Fortepiano in Wien; nur für deren Besitzer. Wien, bei Steiner.' [Streicher 1801]
Ein ähnliches Büchlein von Lemme ist nur in einem Exemplar der Conservatoire - Bibliothek in Brüssel erhalten.
Bestellen Sie sich die beiden Bücher: Nachersberg und Thon nach Nürnberg; Sie können sie dann in der Bibliothek studieren und wenn Sie mit dem Bibliothekar bekannt sind, auch nach Hause bekommen.
Leben Sie wohl und seien Sie herzlich gegrüßt von // Ihrem // AKreutz
P.S. Die Photokopien, die mir Prof. Steglich gegeben hat, werde ich ihm bald zurückschicken, da ich mir von ihnen eine Kopie anfertigen ließ.
[mit Bleistift von anderer Hand] FC".
Die von Kreutz erwähnten Buchtitel hat Rück als Typoskript übertragen.