"Liebe Herr und Frau Kreutz!
Vor allem vielen Dank für den süssen Kuchen, der bereits heute nachmittags seiner Bestimmung zugeführt zu werden in Angriff genommen wird.
Becking kommt mit ziemlicher Sicherheit gegen den 25. Juli hierher und dürfte 1 - 2 Tage bleiben. Wegen eines Prager ev. Engagements wäre es natürlich gut, wenn Sie extra herfahren könnten. Sie erhalten noch genaues Datum.
In Nürnberg hat sich nichts Neues ereignet: ich hocke immer noch über meiner Bilanz und brüte wie ein Schwan mein grosses Ei aus. So kann ich mich gar nicht mit Clavichorden beschäftigen.
Aber dringend bräuchte ich die Adresse des Saitenspinners in Markneukirchen, da ich Herrn Marx bereits wegen des Bezuges schrieb.
Es freut mich, dass ich bei Ihrer Frau Gemahlin auch einen Stein im Brett habe, nachdem ich bei Ihnen bereits deren mehrere habe. So will ich mich beeilen, mein Clavichord aus Italien herauszubringen und das sechsoktavige in Bälde in Schwung zu setzen, um meine Schuld abzutragen.
In aller Eile mit herzlichen Grüssen // Ihr
NB. Jetzt weiss ich wegen der echten, weitumsponnenen Saiten eigentlich nur, dass der Kern aus Messing ist, habe aber keinen Schimmer, ob der Ueberspinndraht Messing, Silber oder Kupfer ist. Ich als Clavichord-Lehrbub darf Sie, hochverehrter Meister deshalb bitten, mir einmal schriftlich zu geben, wie Kern und Ueberspinndraht bei alten engumsponnenen und wie bei weitumsponnenen sein muss.
NS. Eben finde ich einen ganz netten Artikel zur Renaissance- der Spielweise Joh. Seb. Bachs auf dem Clavichord von dem verstorbenen Sammler Morris Steiner in dem Buch der internationalen Ausstellung für Musik- und Theaterwesen – Wien 1896, Verlag Moritz Perles. Wenn Sie ihn nicht kennen, möchte ich Sie darauf hinweisen."