NL Rück, I, C-0873d

Die Abschrift eines Aufsatzes/Berichts über die Maultrommel, konzipiert für den Abdruck in den Blättern der Städtischen Bühnen Nürnberg als Werbemaßnahme für die Sammlung Rück.

Siehe auch den entsprechenden Artikel zum Saxophon.

-2- // II.

Ein uraltes Volksinstrument in der Sammlung Rück.

In einem der inhaltreichen Glasschränke der Sammlung Rück, die so viele wertvolle und merkwürdige Musikinstrumente alter Zeiten birgt, liegen ein paar kleine, nicht einmal fingerlange Pantöffelchen, zierlich aus Holz geschnitzt und bemustert - eines von ihnen ist sogar mit einem ruhenden Taubenpärchen ausgeschmückt. Diese Pantöffelchen sind allerdings nicht selbst zum Musikmachen da, es sind vielmehr besonders liebevoll ausgezierte Behausungen eines Musikinstruments, wohl des kleinsten unter den fast tausend Instrumenten der Sammlung, aber eines mit uraltem Stammbaum. Konzertfähig im neuzeitlich europäischen Sinne ist es freilich nur kurze Zeit gewesen, ums Jahr 1800 herum.

Der berühmte Wiener Hoforganist und Domkapellmeister Albrechtsberger hat es in jüngeren Jahren sogar einmal in einem 'Concertino' zusammen mit Mandora, Violinen und Bass verwendet.

Der Dichter Justinus Kerner soll es ganz besonders gut gemeistert haben. Im übrigen aber blieb es, was es immer schon gewesen war: Volks- und Kinderinstrument.

Jene Holzpantöffelchen trugen früher einmal Tiroler Bauernburschen in der Tasche, wenn sie abends spät zum Fensterln gingen. Vorm Kammerfenster der Liebsten angelangt, wurde sie herausgeholt und zwischen die Zähne geklemmt - sie: das heist das Instrument aus dem Pantöffelchen, nämlich die Maultrommel. Und nun beginnt sie zu tönen, nicht gerade trommelartig, sondern eigentümlich melodisch; nicht laut, aber doch in gewisser Weise durchdringend. Das Wort 'twangeln', das man dortzulande für das Maultrommelspielen braucht, kennzeichnet diesen Klang sehr gut. So ungewohnt er uns auch ist, es muss doch ein kräftiger Liebeszauber darin hausen, sonst hätten sich die Tiroler Bauernburschen von dazumal das Twangeln unterm Kammerfenster gewiss gar nicht erst angewöhnt.

Was aber ist das nun eigentlich für ein Instrument, eine Maultrommel? Nun, im Urzustande war sie einfach ein schmales, in der Längsrichtung zweimal gespaltenes Rohrplättchen. Hält man das dicht an den Mund und bringt das zungenartige mittlere Rohrstück durch Zupfen am äusseren, freien Ende in Schwingung, so verstärkt die wie ein Resonanzkasten wirkende Mundhhöhle den Klang der schwingenden Rohrzunge. In vorgeschrittenen Zeiten hat man dann das Instrument aus Eisen gemacht. Man lötete in einen U-förmig gebogenen Eisenrahmen eine Eisenzunge so ein, dass sie in dem Rahmen frei schwingen konnte. Oft kam noch eine Vorrichtung zum Zupfen am Zungenende dazu. Fast in der ganzen Welt, vor allem in Indonesien und in Afrika, sind solche Brummeisen zu finden.

Die Maultrommeln aber, mit denen sich heute die Neger im afrikanischen Busch vergnügen, haben zumeist einen sehr weiten Weg hinter sich: sie kommen aus dem kleinen oberösterreichischen Gebirgsdorf Molln, wo seit Jahrhunderten die 'Werksgenossenschaft der Maultrommelmacher' zu Hause ist. In etwa zehn Familien wird dort heute die Herstellung des Instruments als altes Zunftgeheimnis gepflegt.

In jenem Glasschrank der Sammlung Rück sehen wir auch einige Brummeisen, wie sie heutigentags in Molln angefertigt und, säuberlich auf safrngelbes Holz und in grünes Papier gepackt, in alle Welt hinaus geschickt werden. Bei diesen Instrumenten ist der Eisenrahmen, um besser gefasst werden zu können, etwa wie der Umriss eines Pilzes geformt. In der Mitte des Pilzkopfes ist die Eisenzunge festgelötet, die mittendurch Kopf und Stiel hindurch verläuft und am Ende, damit man sie besser zupfen kann, rechtwinklich aufgebogen ist. Fasst man nun den Rahmenkopf mit Daumen und Zeigefinger der einen Hand, bringt den Rahmenstiel zwischen die Vorderzähne und zupft an dem hervorstehenden neue der federnden Eisenzunge, so fängt es an zu 'twangeln'- vorausgesetzt, dass man es richtig macht und nicht etwa auf den Mund gefallen ist.

Um den leisen Eigenklang der Zunge, der ein Gemisch aus sehr vielen verschiedenen Teiltönen ist, so zu verstärken, dass er die für eine Melodie notigen verschiedenen Töne deutlich hergibt, muss man den Resonanzraum der Mundhöhle durch entsprechende Einstellung von Backen, Lunge und Lippen vergrössen oder verkleinern, je nachdem man einen tieferen oder höheren Ton aus dem Teiltongemisch hervorheben will. Auf diese Weise kann man kleine Melodien spielen und auch sonstige überraschende maultrommeleigene Wirkungen erzielen.

Wer will's einmal versuchen?"

 

Absender/Urheber Person
Datum
1937,08,11
Schreibort
Erlangen
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