NL Rück, I, C-0873d

"Lieber Herr Doktor,

als ich heut morgen um 3 Uhr wieder nach Haus kam, lagen auf meinem Tisch - seit Samstag angesammelt - 16 Briefe, zum Teil mit Archiv-Manuskripten und -Korrekturen, 1 Zollbrief, Päckchen nebst einigen unwichtigen Drucksachen. Im Institut fand ich heut vormittag auch ein halbes Dutzend Briefe vor. Sie sehen, wie das 'Geschäft' blüht! Das ist einer der Gründe, warum zur Zeit an einen längeren geruhsamen Aufenthalt zumal so weit vom Schuß wie am Grundlsee nicht zu denken ist. Heut sitz ich nun und erledige wenigstens das allerdringendste.

Unter den Briefen war auch der, den Sie an mich an den Grundlsee geschrieben haben, am 27. Da ich am 28. morgens vom Grundlsee abgefahren bin, hat er mich dort nicht mehr erreicht. Es wäre doch besser gewesen, wenn Sie direkt an Schenk und Haslinger geschrieben hätten.

Vorgestern abend hab ich in Salzburg angefangen, Ihnen einen brieflichen Bericht zu geben, nachdem ich am Morgen, also Sonntag morgen, im Linz Ihren postlagernden Brief bekommen hatte, und Mittags in der Traube einen weiteren vorfand, der am 25. geschrieben war, am 25. morgens aber, als ich vor der Abfahrt nach dem Grundlsee bei Frau Peschek nachfragte, noch nicht da war. Für den Bericht über das mehr als eine Woche zurückliegende Konzert war es inzwischen doch wohl reichlich spät geworden. Außerdem möchte ich in diesem Falle nicht selbst als Kritiker auftreten, wenigstens nicht in der Tagespresse. Und was Schenk betrifft, so hat er doch auch sonst den direkten Briefverkehr mit Ihnen vorgezogen, und in Salzburg hat er kein Wort verlauten lassen über meine kleine Abhandlung bezw. darüber daß sie ihm vorher zur Verfügun gestellt wurde. Ich glaube nicht überempfindlich zu sein. Aber Sie werden wohl verstehen, daß ich auch in diesem Fall den direkten Schriftverkehr zwischen Ihnen und ihm für das einzig Richtige halte.

Was weitere Zeitungsbesprechungen betrifft. so habe ich nur noch eine in der Neuen Züricher Zeitung vom 25. 6. gefunden - eine typisch jüdische von dem Galoschen-Christus. Eine von Sascha Guitry ist im Paris Soir erschienen. Als ich das erfuhr, habe ich mir die Nummer vom 23. gekauft (das war am 24.), aber da war sie nicht drin, und die Nummer vom 22., in der sie also drin sein muß, war in Salzburg nicht mehr zu kriegen. Da in der Grundlseer Seeklause waren andere als lokale Zeitungen nicht vorhanden. Also müssen wir uns schon im übrigen auf das Mozarteum verlassen, das ja zum mindesten eine Liste der ihm bekannt gewordenen Besprechungen geben wird.

In Linz war leider weder der Direktor Dr. Ubell noch Dr. Stroh da. Ich habe für beide eine Broschüre [Steglich 1937] dagelassen, die Herren sollen Appetit kriegen, sowohl ihren Walter [Linz, Inv.-Nr. Mu 89] wie den Beethoven-Erard [Linz, Inv.-Nr. Mu 61] instandsetzen und konservieren zu lassen! Die Sammlung dort ist klein, aber fein! Dem Herrn Hammer habe ich die Broschüre nicht überreicht. Erstens um den Preis des Graf-Flügels nicht zu verderben, und zweitens, weil er auch für das Klavichord offenbar gar kein wirkliches Interesse mehr hatte.

In Salzburg habe ich Ihnen Herrn Bruder leider nicht getroffen. Ich aß am Sonntag in der Taube zu Mittag, um ihn zu sehen, und blieb bis kurz vor 2 Uhr. Dann nahm ich an, daß er sich ein anderes Mittagslokal gesucht hatte, und als ich gegen Abend nochmals hinkamn, war er schon wieder abgereist. Immerhin habe ich an diesem Nachmittag bei ausnahmsweise schönem Wetter, einen wunderschönen Mönchsberg-Spaziergang gahabt.

Am Montag hatte ich mir in Anbetracht des schönen Sonntagwetters den Gaisberg vorgenommen, um dochwenigstens einmal auf einen richtigen Berg zu kommen - das Immer-unten-hocken- macht ganz melancholisch. Da war aber am Montag morgen um 9 noch oder vielmehr wieder alles so dunstig und wolkig, daß man vom Gaisberg überhaupt nichts sah. Da hab ich es denn vorgezogen, gleich nach München zu fahren, bin dort im 'Haus der deutschen Kunst' gewesen und in der anderen interessanten Ausstellung, dann auch sozusagen dienstlich im Deutschen Theatermuseum und schließlich bei Maendler, der aber selbst noch nicht da war. Das Cembalo für Engelhardt ist ausgezeichnet, hat vor allem einen wunderbaren 8'-Klang. Und auch das Travers-Cembalo ist sehr gut ausgefallen, auch hier ist der 8'-Fuß besonders schön.

Soviel in Kürze für heute. Was gibt es hier Neues? Sind Ihre Broschüren schon da? Vielleicht komme ich dieser Tage einmal hinüber, nachdem ich heute das Dringendste von der Archiv-Korrespondenz und -Korrektur erledigt habe.

100 Schillinge habe ich bei Frau Peschek für Sie deponiert. Einige mußte ich leider in München umwechseln, aber ein bißchen was habe ich noch übrig behalten.

Mit besten Grüßen // Ihr // Steglich."

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1937,08,31
Schreibort
Erlangen
Erwähnte Objekte
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnt als
Angebot
Restaurierung
Hammerflügel
Tasteninstrumente
erwähnt als
Angebot
Restaurierung
erwähnte Institutionen
erwähnt im Zusammenhang
Konzert
Berichterstattung
erwähnt im Zusammenhang
Berichterstattung
erwähnt im Zusammenhang
Berichterstattung
erwähnt im Zusammenhang
Sammlungsbestand
erwähnt im Zusammenhang
Verkauf Musikinstrument(e)
Literaturreferenz
Steglich 1937