NL Rück, I, C-0873d

"Lieber Herr Dr. Rück!

Es wird gut sein, wenn wir etwa noch notwendige Dinge möglichst bald besprechen. Denn ich bin hier am Ende und möchte lieber heute als morgen fort, obwohl noch so Vieles dringend zu Erledigendes daliegt. Ich habe zulange keine richtige Erholung gehabt, und das Zuhause hier ist ja leider auch alles andere als Erholung. Meine Schwester, die mit ihrem Mann jetzt zum 20. Male in Friedrichroda ist, hat schon ein paarmal angefragt, ob ich nicht jetzt auch mal hinkommen wollte. Und da ich auf diese Weise dort gleich ein bißchen einigermaßen beruhigende Gesellschaft habe, ist es wohl das Beste, ich mache mich dorthin auf den Weg. Billiger wäre es ja gewiß am Grundlsee. Aber das Entscheidende, was dagegen spricht, ist, daß ich als nichtbeamteter Beamter, d. h. einer, der wohl die Pflichten, aber nicht das Gehalt und die Pension eines Beamten hat, die mir für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung gestellten Devisen nicht für 'bloße' Erholung verbrauchen darf. Außerdem ist der Thüringerwald für mich nicht so lebensgefährlich wie das Hochgebirge, das nicht weit vom Grundlsee entfernt ist. Die noch auf der Salzburger Bank befindlichen Schillinge muß ich dann auf dem genau vorgeschriebenen Weg wieder zurückbefördern. Die im Hotel Traube werde ich Ihnen vermachen. Und ich habe mir gedacht, um eine alte Schuld loszuwerden, daß Sie diesen Betrag und den meines damaligen Salzburger Aufenthalts- das waren wohl etwa 37.- RM - verrechnen gegen die 45.- RM, die Sie dazumal für die Fahrkarte nach Zürich ausgelegt haben. Das soll nicht heißen, daß ich endgültig auf Zürich verzichte. Aber ich bin in diesen Ferien ohnehin schon durch allerlei Rückstände aus den letzten Monaten so belastet, daß es mir eine Erleichterung ist, nicht auch noch an Zürich denken zu müssen, so gern ich auch den famosen Herrn Boller besuchen würde.

Ich will mich bemühen, die Blätter der Städt. Bühnen so gut es geht noch zufrieden zu stellen unter der Voraussetzung, daß dies von den Städt. Bühnen selber, nicht etwa von Ihnen!, entsprechend honoriert wird. Dem Bechstein-Prospekt aber sehe ich mit Bedenken entgegen. Hier fehlt völlig das, was bei Steinway in jenen Wagner-Briefen da war: ein Anknüpfungspunkt, der musikalisch etwas Besonderes ist. Dazu fehlt mir zu Bechstein die angenehme persönliche Beziehung, die ich zu dem Steinway-Flügel habe, ja im Gegenteil: ich habe gerade mit Bechsteins einige schlimme Erfahrungen gemacht. Wo soll ich also anknüpfen? Was soll ich schreiben? Für eine genauere Analyse des Bechstein-Klanges werden sich die Leute bedanken, das interessiert sie gar nicht so, außerdem wäre das mit ein paar Zeilen abgetan. Und einen Hymnus darauf zu singen, wo alles Bechstein-Flügel stehen, mit der nötigen Soße drum herum, darauf verstehen sich vielleicht andere besser als ich. Meinen Sie nicht auch? Oder wissen Sie vielleicht einen besseren Inhalt für solchen Prospekt?

Die beiden Bücher von Sachs können Sie in Jahwes Namen über die Ferien haben. Ich glaube nicht, daß ich sie brauche. Für jene kleinen Sachen für die Städt. Bühnen komme ich wohl so aus. Und im Notfall wäre wohl auch Ihr Nürnberger Exemplar irgendwo dort zu erreichen.

Heute hat mir übrigens jemand eine Karte für die Ansbacher Mozartspiele am Samstag angeboten. Möglicherweise bin ich also Samstags in Ansbach.

Ich lege den Brief des Direktors der Kunstsammlungen auf der Veste Coburg bei, damit Sie ihm gelegentlich, die RM 3,24 überweisen können.

Mit herzlichen Grüßen // Ihr".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1937,08,05
Schreibort
Erlangen
erwähnte Personen