NL Rück, I, C-0570g

Aufgeklebt ein Einlieferungsschein vom 16.12.1939.

 

"Einschreiben! // [überklebt] Marx.

Ihr Brief v. 13.XII. // Wien, 15.XII 39

Lieber Herr Marx!

Wir senden Ihnen inliegend Scheck auf 130 R.M. für die Reparatur des Spinetts von Dominicus Venetus [MIR1086], gemäss Ihrem Brief vom 13[.]XII. Wir wissen selbst, dass die Tastatur entsetzlich vermurkst war, sodass wir eine Zeitlang zweifelten, ob sie überhaupt echt sei. Umsomehr freuen wir uns, dass es Ihrer bewährten Kunst gelungen ist, das Instrument wieder gut in Stand zu bringen.

Mit Ihrem Vorschlag die Wengerlaute [MIR896] mit 6 Chor plus Chanterelle zu beziehen, sind wir natürlich einverstanden, denn die Seitenzahl ergibt sich ja zwangsläufig aus der Breite, die das Griffbrett ursprünglich hatte. Wenn nur die Markneukirchner endlich vom Reparieren historischer Instrumente abliessen!

Wegen der Theorbe, diene Ihnen, dass Brandstädter ein ganz wenig bekannter Wiener Murkser zu sein scheint.

Nun zur Mandora: schon wie wir den Restbestand der Sammlung Engel en bloc kauften, hatte ich das Instrument als höchst verdächtig angesehen. Jetzt stellt sich offensichtlich heraus, dass es eine Franciolini-Fälschung ist. Eigentlich hats beinahe keinen Sinn, dieses Instrument zu richten, wenn Sie der festen Überzeugung sind, dass es in allen Teilen unecht ist. Ob es da nicht beinahe besser wäre, das Schildpatt für gelegentliche Reparaturarbeiten zu verwahren? Denn man müsste doch die Celluloid-Trennstreifen durch elfenbeinerne ersetzen. Ich habe von einem alten Elfenbein-Lauten-Korpus zwei solche Streifen in Nürnberg, aber mir dünkt beinahe, es sei schade um Arbeit und Material, besonders nachdem der Wirbelkasten offenbar auch nichts richtiges zu geben scheint? Bitte berichten Sie uns nochmals. Von den beiden echten Stückchen bitten wir die Zettel zu fotografieren. Den unechten Zettel der Mandora verwahren wir als Schriftvergleichsmateria[l].

Fräulein Louise schickt Ihnen in diesen Tagen ein Weihnachtspäckchen in unserem Auftrag, das Sie sich gut schmecken lassen wollen, hoffentlich kommt es noch rechtzeitig.

Wir selbst verbringen Weihnachten in Wien, da ich in dem Weihnachtstrubel nicht heimfahren will, ich gehe zwar täglich jetzt etwas aus, es geht langsam besser, doch bin ich vorerst noch ein wackeliger Knabe und habe noch, wenn auch weniger, Schmerzen.

Ihnen herzlichste Weihnachtsgrüsse und gute Besserung für’s Knie, für die wir Ihnen dringend einmal eine Röntgenaufnahme empfehlen.

Bitte bestellen Sie bei Zacharias von den Stiften etc. statt 100 lieber gleich 2000-3000 Stück, damit wir Vorrat haben und zwar von allen Sorten. Wir wiesen Zacharias an wegen der noch eventuell lieferbaren Messingsaiten sich direkt mit Ihnen in Verbindung zu setzen: kaufen Sie davon, was Sie noch kriegen. Ebenso eventuell nochmals dünne Stahl-Saiten-Nummern.

Nochmals viele, liebe Weihnachtsgrüsse // von Ihren getreuen Brüdern".

Absender/Urheber Person
Empfänger Person
Datum
1939,12,15
Schreibort
Wien